Rumänien? In meiner Jugendzeit war mein Wissen über dieses osteuropäische Land sehr bescheiden. Ein armes Land, irgendwo hinter dem Eisernen Vorhang, das nach Ende des Zweiten Weltkrieges in den Einflussbereich der UdSSR (ehemalige Sowjetunion) fiel.
Viel mehr interessierten mich die Filme von Graf Dracula mit Christopher Lee, meinem Lieblings-Dracula-Darsteller, in seinem schaurig-schönen Grusel-Schloss. Als Romanvorlage der Legende über den blutrünstigen Vampir Dracula diente dem irischen Schriftsteller Abraham „Bram“ Stoker (* 8. November 1847; † 20. April 1912) Fürst Vlad III. Drăculea, der im Spätmittelalter über die Walachei, eine historische Landschaft im Süden des heutigen Rumäniens, herrschte.
Später rückte das grausame Treiben des Diktators Nicolae Ceaușescu (* 26. Januar 1918; † 25. Dezember 1989; er wurde zusammen mit seiner Frau Elana exekutiert) in meinen Fokus. Aber viel war es nicht, was ich über Rumänien wusste.
Im Jahre 2015, auf meiner Eisenbahnreise Cham - Moskau, fuhr ich auch durch Rumänien und machte Halt in Bukarest. Bei den paar Sightseeing Stunden lernte ich ein bisschen mehr über dieses Land kennen.
Viel später, als ich begann, mich für exotische Motorrad-Touren zu interessieren, war es nur eine Frage der Zeit, bis mich Reiseberichte von Fahrten über die Karpaten in Transsilvanien (Siebenbürgen) "glutschtig" machten.
"Es gibt viele Hochstrassen auf dieser Welt. Klausen, Julier, San Bernardino und wie sie alle heissen. Doch es gibt nur eine Passstrasse, die wirklich so richtig knallt. Die Transfăgărășan zählt zu den schönsten Passstrassen überhaupt. Sie windet sich über 117 Km lang in einer fantastischen Gebirgslandschaft durch die rumänischen Karpaten bis auf eine Höhe von 2042 m. Motorradfahrer bekommen schon beim Anblick der Strasse feuchte Augen. Nahezu endloser Kurvenspass, atemberaubende Ausblicke, Herzrasen, Action pur. Aber aufgepasst: Der Transfăgărășan Pass ist nur vier Monate im Jahr geöffnet, den Rest des Jahres über ist die Hochstrasse wegen dem langen Winter gesperrt." (Lui & Steffi, comewithus2).
"Die Transalpina-Strasse ist die spektakulärste und höchste befestigte Strasse Rumäniens. Sie ist 148 Km lang und verbindet Petresti in Siebenbürgen mit Novaci in Nord-Oltenien und führt über wilde, unberührte Hochgebirgslandschaften in den Karpaten. Hinter jeder Kehre könnte man einen Bären oder Wolf vermuten, beide sind stark verbereitet, heimisch, aber die Chance, dass einer den Weg kreuzt, dennoch gering. Bis vor wenigen Jahren noch Schotter-Enthusiasten vorbehalten, ist die "Strasse des Königs", wie sie von Einheimischen genannt wird, seit 2009 Stück für Stück asphaltiert worden, von ihrem Charme hat sie deshalb jedoch kaum etwas eingebüsst. Höchster Punkt ist der Urdele-Pass auf 2145 m. Auf der Transalpina fährt man über den Wolken." (Wolf's Bike on Tour).
Es gibt einige Anbieter von Motorrad-Touren in Rumänien, so dass ich ein paar Webseiten besuche und viele Tour-Beschreibungen lese. Die Touren unterscheiden sich vorallem in der Dauer und den Sehenswürdigkeiten; viele davon haben Start- und Treffpunkt Wien. Gemeinsam haben natürlich alle die Pässefahrten in den Karpaten. Schlussendlich entscheide ich mich für das Angebot von
Bei der angebotenen Tour beträgt die Strecke, ohne individuelle Anfahrt durch Österreich und Ungarn, rund 1'700 Km und der Aufenthalt in Rumänien dauert 8 Nächte, respektive 7 Tage. Die zu erwartenden Erlebnisse tönen interessant und abwechslungsreich:
"5 Mal Überqueren der Karpaten, auch 1 Mal über Transfagarasan und Transalpina. Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten: Die Polovragi-Höhle, eine Bootsfahrt auf der Donau, die Slanic Prahova Saline, das Dracula-Schloss, signifikante Dörfer und Städte, die Hunedoara-Burg. Übernachtungen: immer sauber und schön, von traditionell, über Winzer bis Gross-Hotel. Essen: immer deftig und schmackhaft, zum Verlieben gut."
S.C. Citius Kron Moto Srl, Str. Lotrului nr 14, 500188 Brasov, Rumänien, office@motorrad-tour-rumaenien.de, www.motorrad-tour-rumaenien.de.
Rumänien liegt nicht gleich um die Ecke; Österreich und Ungarn liegen zwischen der Schweiz und meinem Destinationsland. Für mich ist von vornherein klar, dass ich nicht die ganze Distanz selber fahren will.
So werden meine Kawasaki VN 2000 und ich die Strecke Feldkirch-Wien bequem im Nightjet, dem Nachtreisezug der ÖBB, zurücklegen. Meine Kawa auf dem Verladewagen, wie 2009 beim Start zu meiner Kroatien- & Bosnien-Herzegowina-Tour (Foto), und ich liegend. Man(n) wird älter: statt wie bisher im Liegewagen, leiste ich mir - "Für maximalen Komfort buchen Sie einfach Ihr eigenes Schlafwagen-Abteil" - ein Single-Abteil im Schlafwagen; allerdings nicht wegen der Privatsphäre, sondern wegen dem eigenen WC im Abteil.
Bald schon tausche ich den Lenker eines Joolz mit demjenigen meiner Kawasaki und wechsle die Rolle vom Gropi zum abenteuerlustigen Biker ...
Auf Anfrage erhalte ich gegen Ende Mai 2022 von Radu Tanase, Geschäftsführer und Verantwortlicher für die Touren von Motorrad-Tour-Rumänien, die Koordinaten für den Treffpunkt. Die Gruppe wird sich im Hotel Schwabenhaus in Șandra treffen, einem kleinen Ort im Südwesten Rumäniens, rund 40 Kilometer nach der Ungarisch-Rumänischen Grenze.
Anfang Juni eröffnet Radu in WhatsApp die Gruppe Rumänien Tour 10. Juli, fügt alle Tour-Teilnehmer hinzu und heisst uns, mit ein paar Anfahr-Informationen, willkommen. So erfahre ich, dass wir 5 Motorradfahrer sein werden: Thomas, Eddy, Michael und Waldfried, alle aus Deutschland, dazu die beiden locals, Mio und Radu.
Immer wie mehr Vorbereitungen kann ich als erledigt abhaken:
▪ Die Routen für die Hin- und Rückreise sind in Base Camp erstellt und auf mein Navi übertragen.
▪ Bei der Frühlingswellnesspflege für meine Kawasaki werden in der Motorrad-Garage das Motorenöl und die Bremsflüssigkeit gewechselt, die Öl- und Luftfilter und die Zündkerzen ersetzt, sowie die hintere Bremse entlüftet.
▪ Aus der rumänischen Sprache besorge ich mir das für mich allerwichtigste: Fără ceapă pentru mine, te rog (Für mich bitte ohne Zwiebeln).
Auf Hinweis vom noch unbekannten Eddy kaufe ich eine e-Vignette für Ungarn's Autobahnen, gültig für 10 Tage, perfekt passend für meinen Zeithorizont. Das gute, alte Pickerl hat offensichtlich ausgedient, kann ich doch für Österreich auch eine digitale Vignette für 10 Tage kaufen.
Beim Packen, das am Vormittag vom Abreisetag ansteht, darf ich den Knoblauch nicht vergessen, das wohl bekannteste Abwehrmittel gegen Vampire.
Zu guter Letzt - einmalig und sehr speziell - erhalte ich von einem Turnkollegen und Pfarrer mit «i.R.»-Status eine e-Mail: ".... Meine guten Gedanken begleiten Dich und auch Deinen Schutzengel habe ich informiert. Mit frohem Reisesegen ..."
Wie geplant, fahre ich um halb zwei aus der Garage, starte die erste Route in meinem Navi, kontrolliere die Spiegel, lege den ersten Gang rein und los gehts, endlich.
Nach rund 40 Km halte ich in Uznach ("Uznä") an. In dieser St. Galler-Gemeinde, am Rande der Linthebene in der Nähe des Zürichsees gelegen, leben nicht nur viele Störche - der Storch ist zu einem Wahrzeichen von Uznach geworden - sondern auch Marlène und Alex. Die beiden kenne ich von gemeinsamen Reisen; sie haben mich zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Danke und auf Wiedersehen.
Die Weiterfahrt führt mich über den Rickenpass nach Appenzell. Nach dem Passübergang Stoss gelange ich ins St. Galler Rheintal. Nach rund 50 Km ist mein nächster (Familien-)Besuch in Balgach ("Balga"). Die Gemeinde besteht aus dem gleichnamigen Dorf und einem Teil der Ortschaft Heerbrugg. Claudia und Heinz haben mich zum Znacht (schweizerisch für Abendessen) eingeladen. Nach dem leckeren Nachtessen (schweizerisch für Abendessen) heisst es schon wieder Abschied nehmen. Danke euch beiden, bis bald.
Bei Oberriet verlasse ich die Schweiz, überquere den Rhein und passiere die nicht besetzte Zollstelle Meiningen.
"Österreich (Republik Österreich) ist ein mitteleuropäischer Binnenstaat mit rund 9 Millionen Einwohnern. Die angrenzenden Staaten sind Deutschland und Tschechien im Norden, die Slowakei und Ungarn im Osten, Slowenien und Italien im Süden sowie die Schweiz und Liechtenstein im Westen."
Unterwegs zur Verladestation Feldkrich tanke ich auf und kaufe Wasser. Mit der Beschilderung der Zufahrt habe ich zu Beginn Mühe. Bei einer Barriere ziehe ich ein Ticket und fahre danach unterirdisch ein. Wow, so modern, denke ich. Kurz darauf schiebe ich das Ticket wieder in einen Automaten und bin wieder draussen. Beim zweiten Anlauf und der Versicherung, ob ich da wirklich durchfahren dürfe, klappt es. Ich bin zwar zu früh auf der Rampe, trotzdem nicht der Erste; sehr viele Motorradfahrer warten bereits auf das Verladen, auch eine grosse Gruppe aus dem Wallis.
Irgendeinmal erhalten wir ein Zeichen und die Tickets für die Fahrzeuge werden kontrolliert. Ich deponiere meine grosse Tasche an der Seite der Auffahrt in den Eisenbahnwagen. Jeweils vier Motorräder können vorfahren. Das Gefühl des Hineinfahrens ist speziell, scheint doch die Höhe des Eisenbahnwagens nicht sehr hoch. So lege ich mich vorsichtshalber so tief wie möglich auf den Tankrucksack um nicht den Kopf an der Decke anzuschlagen. Um zehn vor neun Uhr ist meine Kawa festgezurrt. Die leeren Satteltaschen lasse ich am Motorrad; diese habe ich wegen der Stabilisation der Hecktasche und als Schutz bei einem allfälligen Sturz mitgenommen.
Mit Tankrucksack und Helm beladen, verlasse ich den Wagen und hebe meine zurückgelassene Tasche auf. Mit all diesem Gepäck und in voller Töff-Montur - es ist sehr warm - gehe ich weiter zum Bahnhof, wo später - viel später, in mehr als einer Stunde - der Zug mit den Schlaf- und Liegewagen einfahren wird. Leider wird der Bahnhof umgebaut und das einzige offene Restaurant schliesst um 21 Uhr. So setze ich mich auf dem Perron auf eine Bank und ziehe die Motorradjacke aus; das Warten beginnt.
Die Zeit verbringe ich mit dem Weiterlesen eines Schweizer Kriminalromans im PocketBook. Gemäss der Zug-Information ist mein Single-Abteil im zweitvordersten Wagen.
Zwischenzeitlich ist es nicht mehr so hell und auch nicht mehr so warm. Aber das Warten ist noch nicht vorbei.
So lange kann es nun nicht mehr gehen. Als der Zug einfährt, zeige ich bei Wagen 17 mein Ticket, steige ein, gehe durch den Korridor und suche meinen Bettplatz 42.
Es ist ein sehr angenehmes Gefühl, aus den Stiefeln und der Motorradkleidung steigen zu können; ich richte mich ein.
Nachdem nochmals der Fahrschein geprüft wird und die Frühstücksbestellung eingezogen wird - 6 Sachen können bestellt werden - lege ich mich hin und schalte auf Schlafmodus um. Gute Nacht!
Guten Morgen! Frisch geduscht und angezogen bin ich, als es eine Stunde vor der Ankunft an der Türe klopft und das bestellte Frühstück serviert wird.
Der Zug hält in Wien Hauptbahnhof, wo die Nachtzug-Passagiere ohne Fahrzeuge, aussteigen. Ich nutze den kurzen Halt für ein Erinnerungsfoto.
Beim nächsten Halt, der Endstation "Terminal Wien Hauptbahnhof Autoreisezug", steigen alle aus. Bequem: Hier können wir gleich auf dem Perron stehen bleiben, werden doch die Wagen mit den Fahrzeugen hergebracht. Die Autos, welche auf der oberen Ebene der Eisenbahnwagen transportiert wurden, kommen auf dieser Rampe runter.
Die Autos der unteren Ebene, sowie sämtliche Motorräder, kommen auf der Rampe links aufs Perron gefahren. Wir wären bereit, aber die Eisenbahnwagen sind noch nicht da.
Meine gelbe Tasche lasse ich auf dem Perron zurück und gehe, nur mit Helm und Tankrucksack, zu meinem Töff. Auf dem Perron angekommen, befestige ich die Hecktasche, klinke das Navigationsgerät ein und mache mich für die Fahrt bereit. Ich habe mich entschieden, nicht so rasch wie möglich auf die Autobahn Richtung Ungarn zu fahren, sondern der Donau entlang via Bratislawa.
"Die Slowakei (Slowakische Republik) ist ein Binnenstaat in Mitteleuropa, der an Österreich, Tschechien, Polen, die Ukraine und Ungarn grenzt. Die Hauptstadt und gleichzeitig grösste Stadt des Landes ist Bratislava (deutsch Pressburg)."
"Twin City bezeichnet ein Konzept, die beiden Städte Wien und Bratislava (Pressburg) als Zwillingsstädte zu sehen und ihre Entwicklung aufeinander abgestimmt bzw. gemeinsam zu planen und zu betreiben. Wien und Bratislava sind die beiden EU-Hauptstädte mit der geringsten Entfernung zueinander (60 km) - Vatikanstadt und Rom ausgenommen - sind beide Hauptstädte von Kleinstaaten, liegen beide an der Donau und standen – ausgenommen die Zeit des Eisernen Vorhangs – stets in enger wirtschaftlicher und kultureller Beziehung zueinander."
Für eine Stadt-Besichtigung nehme ich mir aber die Zeit nicht (siehe meine Asien-Reise 2015), so dass ich bald wieder an einer Grenze bin.
"Ungarn (parlamentarische Republik) ist ein Binnenstaat in Mitteleuropa mit rund 9,7 Millionen Einwohnern. Das im Pannonischen Becken gelegene und von der Donau durchflossene Land grenzt an Österreich, die Slowakei, die Ukraine, Rumänien, Serbien, Kroatien und Slowenien."
So verlassen wie dieser Grenzübergang aussieht, so menschenleer sind die zerfallenden Räumlichkeiten. Ohne Kontrolle beginne ich meine Fahrt durch das EU-Land Magyarország (Ungarn). Zuerst fahre ich auf Überlandstrassen, danach auf der Autobahn Richtung Budapest. Die Fahrt ist langweilig. Selten ist ein Gangwechsel notwendig. Auf den ungarischen Autobahnen besteht ein Tempolimit von 130 km/h. Auf meinem Cruiser fahre ich in einer aufrechten Sitzposition und spüre so ungeschützt die Kräfte des Fahrtwindes; deshalb fahre ich meisten um die 120 km/h herum.
Abwechslungen bringen die Autobahnverzweigungen und die Halte auf Autobahnraststätten. Da in den Tank meiner Kawasaki VN 2000 lediglich 21 Liter reingehen, muss ich unterwegs zweimal auftanken. Bei diesen Boxenstopps erledige ich auch das Flüssigkeitsmanagement und ersticke aufkommende Hungerfühle im Keime.
Endlich: Irgendwann hat die Autobahnblocherei ein Ende und meine Garmin-Navi-Lady fordert mich auf, die Autobahn M43 zu verlassen.
Über den Grenzposten Cenad, wo ich meine ID zeigen muss, fahre ich nach Rumänien.
"Rumänien ist eine semipräsidentielle Republik im Grenzraum zwischen Mittel- und Südosteuropa. Das Land liegt am Schwarzen Meer und erstreckt sich in westlicher Richtung über den Karpatenbogen bis zur Pannonischen Tiefebene. Rumänien grenzt an fünf Staaten: im Süden an Bulgarien, im Westen an Serbien und Ungarn, im Norden sowie im Osten an die Ukraine und die Republik Moldau."
Radu, von "Motorrad-Tour-Rumänien", hat uns im WhatsApp-Chat aufgefordert, bei der Tankstelle in Sânnicolau Mare (deutsch Gross Sankt Nikolaus) aufzutanken, damit wir alle am Montag die Tour mit vollen Tanks starten können. Eine halbe Stunde später erreiche ich die Pension Schwabenhaus in Şandra.
Ich parke auf dem Hof, wo schon ein paar Motorräder stehen, und werde von Radu Tanase freundlich willkommen geheissen. Er führt mich zur Rezeption.
Bevor ich die Anderen treffe, will ich mich mit einer Dusche frischmachen und mich kleidermässig auf Freizeit umrüsten.
Gleich hier rechts gehts zu meinem Zimmer.
In kurzen Hosen und Sandalen gehe ich zur Terrasse, wo ich die sechs Reise-Gspändli (schweizerisch für Gefährte) der nächsten Tage treffe:
Mio, 47, Rumänisch-Deutscher Doppelbürger, Road Captain und Reiseführer, wird später auch ab und zu "Milo" genannt. Radu, 52, Rumäne, Organisator und Inhaber von Citius Kron Moto SRL, fährt das Begleitfahrzeug. Eddy, 56,
Rumänisch-Deutscher Doppelbürger, aus Churfranken/Bayern. Waldfried, 57, Deutscher, aus Nürnberg/Bayern, erklärt uns später seinen Spitznamen "Woody". Diese vier sprechen sowohl Deutsch wie Rumänisch. Michael, 60, Deutscher, aus Saarbrücken/Saarland, erhält später von uns den Spitznamen "Cappuccino-Michi". Thomas, 62, Deutscher, aus Hamburg. Ueli, Schweizer, mit meinen 69 Jahren bin ich eindeutig der "Oldie".
Nach einem erfrischenden Bier wird entschieden, jetzt die Suppe zu essen und erst nach dem Briefing das restliche Abendessen. Wir verschieben uns in ein Sitzungszimmer im Obergeschoss und harren der Dinge die da auf uns zukommen.
Wir realisieren bald, dass Radu Briefings liebt (bei einem Briefing handelt es sich um eine Kurzeinweisung oder Kurzbesprechung). Die "Kurzeinweisung" - gefühlte lange Einführung - will nicht enden. Von den vielen erhaltenen Informationen kann ich mir vorallem die Hinweise auf spezielle Gefahren in Rumäniens Strassenverkehr merken: Kuhfladen (sind bei uns auch glitschig), überfahrene Tiere auf der Strasse (die Gedärme seien glitschig wie Schmierseife), Pferdewagen, unbewachte Eisenbahnübergänge, Schlaglöcher, Spurrillen, Kreisverkehr im Allgemeinen und im Speziellen: Ampel vor Kreisverkehr, wenn diese auf grün schalten bedeutet dies nicht freie Fahrt, sondern nun gelten die Regeln des Kreisverkehrs sowie radarbewaffnete Polizisten an unfairen Stellen.
Auch das Motorradfahren in der Gruppe wird erläutert: Milo als Road Captain fährt zuvorderst in der Position links/mittig. Versetzt fahren, d.h. der Zweite fährt rechts und so weiter. In der Gruppe nicht überholen. Für die Gruppenkommunikation händigt uns Radu ein Blatt mit Handzeichen aus - Hausaufgaben über Nacht?
Als Belohnung für unser Ausharren dürfen wir zur Terrasse zurückkehren und das Abendessen einnehmen. Bald danach ziehe ich mich zurück; will mich für morgen bereit machen.
Ein Tag beginnt mit einem Frühstück wie eine Tour unter der Ägide von Radu mit einem Briefing.
Mit Magneten hängt Radu eine plastifizierte Karte an das Begleitfahrzug und zeichnet mit einem wasserlöslichen Filzstift die Tagesroute ein. Er kreuzt an, wo wir in etwa auftanken werden, wo das Mittagessen geplant ist und natürlich den Ort der nächsten Unterkunft. Zudem informiert er uns darüber, was wir strassenmässig und landschaftlich zu erwarten hätten. Alles sehr hilfreich und kurz.
Wir sind bereit für die erste Tour. Bevor wir losfahren, wird noch die Reihenfolge in der Gruppe bestimmt. Wir starten mit folgender Formation Mio, Michael, Ueli, Eddy, Waldfried und als Schlussmann Thomas.
Unser Konvoi setzt sich wie folgt zusammen: je zwei Motorräder stammen aus Deutschland und Japan, und je eine Maschine ist italienisch und US-amerikanisch.
Thomas, der Mann aus Hamburg ("Der Mann aus Hamburg", ein Verschwörungsthriller von Heinz-Joachim Simon), ist mit einer Ducati Multistrada V4 S 1150 unterwegs, die mit 1158 cm³ Hubraum die "Kleinste" in unserer Gruppe ist, dafür schlägt sie alle mit ihrer unglaublichen Leistung von 170 PS.
Eddy, ein stets hilfsbereiter Hüne mit grossem Herz und - Eigenaussage - grossen Lungen, die immer wieder mit Zigarettenrauch gefüllt werden müssen, fährt eine bullig aussehnde BMW 1200 GS Adventure mit 1170 cm³ Hubraum und 125 PS.
Michael, alias "Cappuccino-Michi", der schweigsame Zuhörer. Kein Essen ohne Cappuccino, auch zum Abendessen trinkt er das Kaffeegetränk mit heissem Milchschaum, sofern es verfügbar ist; zur Not gehts auch mit einer Pepsi. Sein Gefährt ist eine automatisch schaltende Honda Crosstourer X VFR 1200 mit 1237 cm³ Hubraum und 129 PS.
Waldfried, alias "Woody", überrascht mit seinen Laserbehandlungskenntnissen, umarmt seine BMW 1250 GS mit 1254 cm³ Hubraum und 136 PS.
Miodrag, kurz Mio, cruist auf einer selbst importierten Harley Davidson Roadglide 1800 mit 1745 cm³ Hubraum und 104 PS. Mio, für mich ab und zu auch Milo, verfügt über vielfältige Kenntnisse seines Mutterlandes Rumänien, welche er, auch pfeifenrauchend, gerne preisgibt.
Ueli und seine Kawasaki VN 2000 mit 2053 cm³ Hubraum und 103 PS. Könnte sich vorstellen, eine GS Adventure, wie Eddy eine hat zu fahren, wenn nicht das Aufsteigen wäre.
Wie schon bei der Altersrangliste, schwinge ich bei der Kubikzahl mit 2 Litern Volumen obenaus. Das ist aber auch das einzige Kriterium, mit dem ich trumpfen kann. Wenn ich höre, was meine Motorrad-Kollegen alles für technische Finessen an und in ihren Maschinen haben, stammt meine Kawa aus der Steinzeit und ich kann froh sein, dass sie schon runde Räder hat. Sie erzählen mir von Abstandstempomat, elektronisch gesteuertem Schaltgetriebe, elektronisch verstellbarem Fahrwerk, Heizgriffen, Infotainment-System mit vier 25-Watt-Lautsprechern, Keyless, Kurven-ABS, Kurvenlicht, Sitzheizung, natürlich getrennt für Fahrer und Sozius (eine entsprechende Kühlung besitzt aber keiner), Totwinkel-Assistent, Traktionskontrolle ... mir wird schwindlig.
Last but not least, Radu mit seinem Mercedes-Benz Sprinter. Der Kastenwagen enthält eine Werkstatt und hätte sogar Platz, ein Motorrad aufzunehmen. Wer will, kann seine Gepäcktaschen während der Tour mitgeben. Bei Sightseeing-Stopps sind wir froh, unsere Helme, Jacken und Tankrucksäcke zurücklassen zu können.
Die Fahrt führt uns von Șandra, im Kreis Timiș gelegen, südwärts. Wir fahren zuerst durch weite Ebenen, mit weit auseinander liegenden kleinen Dörfern. Später erreichen wir den Kreis Mehedinți, in der Region Walachei gelegen. Nun wird es hügeliger und zum Fahren auch interessanter. Unterwegs halten wir mal an um zu tanken. Kurz nach Coronini gibt es den nächsten Halt. Wir sind an der Donau angelangt, die hier die Grenze zu Serbien bildet und sehr eng ist.
Das gilt wohl nur für Autos, deshalb fahren wir weiter.
Später, es ist zwischenzeitlich kurz vor drei Uhr nachmittags, halten wir in Dunării an. Der Halt gilt nicht dem Hunger, der muss noch warten, für drei Uhr ist eine Bootstour auf der Donau gebucht.
Wir geniessen die Abwechslung.
Woody, taugt deine Airbag-Weste auch als Schwimmweste?
"Die Tabula Traiana ist eine in den Fels des Eisernen Tors gemeisselte, dem römischen Kaiser Trajan gewidmete Inschrift am Fusse der Almascher Berge, in der Nähe der serbischen Ortschaft Golo Brdo westlich von Kladovo im Nationalpark Đerdap. Die am serbischen Ufer der Donau an der Felswand sichtbare Tabula Traiana war unter dem römischen Kaiser Trajan im Jahre 106 n. Chr. anlässlich der Beendigung des Strassenbauabschnittes der römischen Strasse (von den Donauquellen bei Donaueschingen bis Rumänien) von Golubac bis Kladovo unterhalb der Schlucht des Eisernen Tors direkt in den Felsen gemeisselt worden. 1972 wurde bei den Bauarbeiten für das gemeinsame Kraftwerkprojekt Đerdap des damaligen Jugoslawien und Rumänien die Inschrift zusammen mit dem Felsen herausgemeisselt und auf ein höheres Niveau versetzt, um sie zu erhalten. Heute ist sie nur noch vom Wasser aus sichtbar. Der Wasserpegel des Đerdapsees erreicht seit der Errichtung des Staudamms fast den unteren Rand der Tafel, während die hier als Galerie ausgeführte „Trajan-Straße“ heute weit unter dem Wasserspiegel verläuft."
"Die Statue des Dakerkönigs Decebalus ist eine 55 Meter hohe Statue und zugleich die höchste Felsskulptur in Europa. Sie befindet sich an einer Felsformation des Almăj-Gebirges am Donauufer bei der Ortschaft Dubova."
Das Kloster Mraconia steht heute nicht mehr an seinem originalen Platz.
"Es wurde 1523 am Ufer des Flusses Mraconia erbaut und hat seither mehrere Veränderungen erfahren. Während des Russisch-österreichischen Türkenkriegs von 1787–1792 wurde das Kloster völlig zerstört. 1931 begann der Wiederaufbau des Klosters, doch wurden die Ruinen nach dem Bau des Wasserkraftwerks überflutet."
Als nächstes besuchen wir die Veterani-Höhle. Unser Bootsführer lässt uns dazu bei einem Landesteg aussteigen. Die Höhle habe drei verschiedene Ebenen, aber nur noch die oberste könne besichtigt werden, wird uns übersetzt.
"Die Veterani-Höhle ist heute leider durch das Donaukraftwerk beim Eisernen Tor überstaut. Früher kannte jeder Reisende, der mit dem Donaudampfer die romantische Enge des Kazan durchfuhr, die Höhle. Sie liegt am linken Donauufer, in deren Bereich die Donau zwischen steilen Ufern fliesst und sich der Strom verengt. Früher durfte niemand die Durchfahrt wagen, der nicht im Besitz der Höhle war. Der Name der Höhle geht auf den im Türkenkrieg unter Kaiser Leopold kommandierenden General Veterani zurück. Er liess sie im Frühjahr 1692 durch den Hauptmann Baron d'Arnau erforschen, besetzen und befestigen.
Ende März des gleichen Jahres, die Verteidigungsarbeiten waren kaum vollendet, begann der Angriff des türkischen Heeres. Ihre Schiffe, mit 300 bis 400 Mann und zwei bis drei Kanonen, rückten auf der Donau heran, wurden jedoch zunächst durch die zur Befestigungsanlage der Höhle gehörenden, im Gelände verteilten Forts und Batterien zurückgewiesen. Auch eine Beschiessung dieser Anlagen vom serbischen Ufer fruchtete nichts. Erst ein grossangelegter Versuch des Feindes, die Höhe des Csukar-Berges zu erklettern, zwang Arnau zur Aufgabe seiner wirkungsvollen Uferforts und zum Rückzug in die Höhle. Die Türken, welche alsbald die Höhen besetzt hatten, begannen nun ungeheure Steinmassen von der Höhe auf die Verteidiger der Höhle herabzuwälzen. Ein kühner Überraschungsangriff des österreichischen Oberhauptmannes Michl, der unter Benützung der benachbarten Ponykovaerhöhle, einer von einem Bächlein durchflossenen, mühsam passierbaren Durchgangshöhle, erfolgreich durchgeführt wurde, brachte nur eine vorübergehende Besserung der Lage der Besatzung der Veterani-Höhle. Als die Aufforderung des Pascha zur Kapitulation abgelehnt wurde, setzte erneutes, heftiges Feuer gegen die Höhle ein, Steinwürfe donnerten von der Höhe herab, 2000 Janitscharen erstürmten die Brustwehren, 30 Tschaiken (türkische Schiffe) landeten am Ufer vor der Höhle und der Feind traf die Anstalten zu einem letzten, gewaltigen Ansturm. Die Bedrängnis der heldenhaften Verteidiger erreichte ihren Höhepunkt: 150 Verwundete lagen in der von Pulverdampf erfüllten Höhle, die meisten Gewehre waren gebrochen, die Feuersteine unbrauchbar geworden, Pulver und Munition gingen zu Ende und auch ein bedrohlicher Wasser- und Nahrungsmangel hatte sich eingestellt. Nach einem kurzen Kriegsrat, der Oberst Arnau von der Aussichtslosigkeit eines weiteren Widerstandes überzeugte, entschloss er sich zu Verhandlungen mit dem Pascha, die nach mancherlei Fährlichkeiten schliesslich zur Übergabe der Höhle und Abzug der Eingeschlossenen nach 45tägiger Verteidigung führten. Ali Pascha hielt jedoch die Zusicherungen eines freien Abzuges und Geleites bis zur ersten österreichischen Garnison in Siebenbürgen nicht ein, sondern verschleppte die Besatzung in die Gefangenschaft, aus welcher sie erst später nach mancherlei Drangsalen durch die Vermittlung des Generals Veterani befreit wurde.
Im Jahre 1788 wurde die kleine, als Donausperre ausgebaute Höhle zum zweiten Mal in der Kriegsgeschichte von den Türken belagert. Anlass war der Türken-Feldzug unter Kaiser Josef II. Die damaligen Ereignisse wurden sowohl in Schriften, als auch in Plänen genau dokumentiert. Die Höhlenpläne in diesen Unterlagen zählen zu den ältesten der österreichisch-ungarischen Monarchie."
Wir kehren zu unserem Boot zurück, welches uns zu einem weiteren Höhleneingang fährt. Der schmale Eingang lässt aber kein Weiterfahren zu; zu Fuss geht auch nicht.
Wir kehren zurück. Zu meinem Erstaunen setzen wir uns nun, zwischenzeitzlich ist fünf Uhr nachmittags vorbei, ins Restaurant der Pensiunea Septembrie und eine Mittagessen-Bestellung ist angesagt.
Bei der Weiterfahrt fahren wir am Eisernen Tor und dem Kraftwerk Eisernes Tor 1, welches mit 2280 Megawatt das leistungsstärkste Laufkraftwerk in der Donau ist.
"Das Eiserne Tor ist ein Durchbruchstal an der Donau. Es liegt in den südlichen Karpaten, genauer zwischen den Serbischen Karpaten und dem Banater Gebirge, an der Grenze von Serbien und Rumänien. Bis zu seiner Entschärfung 1972 im Zusammenhang mit dem Kraftwerk Eisernes Tor 1 galt es als der für die Schifffahrt gefährlichste Flussabschnitt der Donau, der nicht ohne ortskundige Lotsen passiert werden konnte. Jahrzehntelang wurden die Schiffe flussaufwärts mit Lokomotiven getreidelt."
Quellen Bild "Bau des Kraftwerks (1969)": Museum of Science and Technology Belgrade; Bild "Kraftwerk Eisernes Tor 1": Denis Barthel.
"Mit der Planung eines Kraftwerks, für welches zuerst eine Talsperre mit Stausee gebaut werden musste, wurde 1964 begonnen. Beide angrenzenden Länder beteiligten sich zu gleichen Teilen an den Arbeiten, da auch die gewonnene Energie aufgeteilt werden sollte. Die Flutung begann 1968, der Rückstau liess den 150 Kilometer langen Djerdapsee entstehen. Etliche Dörfer und Inseln, darunter die Insel Ada Kaleh, versanken in den Fluten und mit Cetatea Tricule auch eine frühere Burg. Der Wasserspiegel wurde dauerhaft um 35 Meter angehoben; dadurch wurden die Fahrwasserverhältnisse für die Binnenschifffahrt oberhalb der Stauanlage verbessert. Zum Fertigstellungszeitpunkt im Jahr 1972 zählte das Kraftwerk Eisernes Tor 1 als das weltweit grösste Flusskraftwerk. Die beiden Kraftwerksteile bilden zusammen mit den entsprechenden Schleusen ein unüberwindbares Hindernis für Fische, speziell die Störe, die vom Meer zum Laichen in die Donau kommen."
Als wir endlich und müde in der Unterkunft Pensiunea Terra Rosa in Bâltișoara ankommen, ist es beinahe 21 Uhr. Schade, denn das Terra Rosa wäre es wert, es gibt auch einen Aussenpool, genossen zu werden.
Nach dem Bezug der Zimmer, meinerseits natürlich mit einer Dusche, reicht es noch für ein durstlöschendes Bier, bevor wir zum Essen gerufen werden.
Dass ich mich von einem meiner Beutel verabschieden werde, darin sind nur Papiertaschentücher, vernehme ich erst im Laufe des nächsten Tages; auf ein teures Nachsenden per Kurier verzichte ich.
Frühstück gibt's ab viertel nach sechs und die Abfahrt ist auf halb acht angedacht. Nach dem obligaten kurzen Briefing starten wir. Heute werden wir die erste von insgesamt fünf Überquerungen der Karpaten fahren, von Süden über die legendäre Transalpina in den Norden.
"Die Karpaten sind ein Hochgebirge in Mitteleuropa, Osteuropa und Südosteuropa. Sie bilden einen über 1300 km langen, 100–350 km breiten, nach Westen offenen Bogen, der – einschliesslich seiner Ausläufer – in der nördlichen Umfassung des Wiener Beckens beginnt und an den Flusstälern von Morava, Nišava und Timok im Osten Zentralserbiens endet. Die Karpaten bilden den nördlichsten Ausläufer des alpidischen Gebirgsgürtels. Als Teil dieses Faltengürtels setzen sie sich nach Westen in die Alpen und nach Südosten im Balkan- und Rhodopengebirge fort, während Dinariden und Apenninen südwestlich versetzt sind und annähernd parallel zu den Ostkarpaten verlaufen. Das höchste Massiv der Karpaten ist die Hohe Tatra (mit dem Gerlachovský štít, 2655 m n.m., zugleich der höchste Berg der Slowakei). Gefolgt wird es vom Făgăraș-Massiv (Fogarascher Gebirge) in den Südkarpaten (mit der Moldoveanu-Spitze, 2544 m, höchster Berg Rumäniens). Neben den Alpen bilden die Karpaten das bestimmende Gebirgssystem in Mitteleuropa. Insgesamt acht Staaten haben Anteil an den Karpaten. Die grössten Anteile entfallen auf die Slowakei und Rumänien."
"Die Panoramastrasse Transalpina verbindet seit 1939 Siebenbürgen mit der Walachei und ist die höchste mit dem Auto befahrbare Strasse Rumäniens. Als "Strasse des Königs" wurde die Transalpina mit der Bezeichnung DN67C eröffnet. Damals war es dem Einsatz von König Carlo II von Rumänien zu verdanken, dass die Strasse durch die Parâng-Berge saniert wurde. Angeblich waren jedoch schon die Römer die ersten, die auf diesem Weg durch die Südkarpaten zogen. Seit 2011 ist die traumhafte Strasse, rund 160 Km lang, durchgehend asphaltiert. Der naturbelassene Charakter blieb jedoch erhalten. Nicht einmal Leitplanken trüben die schöne Panoramasicht auf die umliegenden Berge. Die traumhafte Strasse führt von Bengești nach Norden über das Skigebiet Rânca und den Urdele Pass (Pasul Urdele 2145 MüM) bis nach Sebeș (Mühlbach)."
Die Fahrt über die hügelige Hochebene gefällt mir sehr. Es ist nicht ein Passfahrt im klassischen Sinne, hat eher Voralpencharakter. Der Blick schweift über Wälder, Wiesen, dann wechselnd zu karger Vegetation aus Gras und Geröll. Wenn ich das Gefühl habe, nun sei ich oben, wird der Blick freigegeben und es geht weiter aufwärts.
Wir nähern uns dem Skigebiet Rânca - "Zum Skifahren und Snowboarden stehen 3,4 km Pisten und 0,3 km Skirouten zur Verfügung. 6 Lifte befördern die Gäste. Das Wintersportgebiet liegt auf einer Höhe von 1580 bis 1918 MüM" - als Mio plötzlich die asphaltierte Strasse verlässt und in eine Naturstrasse einbiegt, die aufwärts führt. Muss das sein?
In dieser Kurve (Foto habe ich später gemacht) sehe ich, dass Michael rechts stehen bleibt. Nur das nicht, ich will hier nicht anhalten. Also breche ich die "Nicht-überholen"-Regel, gebe Gas und treibe meine Kawa stark durchschüttelnd links hoch. Uff, gut gegangen.
Im Raucherstübli auf das Essen warten.
Auf Empfehlung der Rumänien-Kenner entscheide ich mich für eine Ciorba de burta (Kuttelsuppe).
Frisch gestärkt fahren wir weiter. Vor dem Anstieg zum höchsten Punkt der Karpaten, dem Urdele Pass mit 2145 MüM, halten wir nochmals an. Für die heutige Tour habe ich unter der Motorradjacke eine Daunenjacke angezogen, was sich als gute Entscheidung herausstellt.
Diese Motorradfahrer kommen vom Pasul Urdele runter, den wir gleich hochfahren werden.
Der Strassenverlauf ist wirklich schön, ich freue mich auf das vor mir liegende Kurvenfahren.
Auf der anderen Seite vom höchsten Punkt der Transalpina halten wir nochmals an.
Später halten wir bei Stâna Ștefanu, einem Weide- und Viehzuchtbetrieb, sowie Touristenplatz, an.
Wir werden neugierig begrüsst; sind selber aber auch experimenTierfreudig.
Das Angebot der Souvenirs spricht zwar den Fotografen in mir an, nicht aber den Käufer.
Was war das für ein Tier? Ein Karpatenwolf oder ein Karpatenbär? Die nachträgliche Diskussion reicht vom Bär - über Bolf und Wär - bis zum Wolf. Der Wolf hat spitze Ohren, dieser eher runde, also ist es ein Bär. Lebende Artgenossen sollten wir noch zu sehen bekommen ...
Diese Überzugmäntel werden im Winter von den Schafhirten getragen. Später begegnen wir tatsächlich einigen mänteltragenden Hirten.
Es ist wieder spät, 19.35 Uhr, als wir vor der Unterkunft unsere Motorräder abstellen. Das Prozedere ist das gleiche: Zimmer beziehen, Duschen, leichte Kleidung anziehen, Apéro, Abendessen und frühes zu Bett gehen.
08.19 Uhr: Bin mit Sack und Pack bereit.
Radu, wo sind die Bären?
Nach einem Tankhalt fahren wir zuerst einige Kilometer und viele Kurven durch bewaldetes Gebiet. Die Strasse beginnt anzusteigen, die Serpentinen werden enger. Bei der Talstation der Seilbahn Telecabina Bâlea Cascadă - Bâlea Lac, sie führt zum Pass hoch, halten wir an.
Es scheint, dass sich der Pass versteckt hat, denn der Blick Richtung Passhöhe wird durch Wolken verdeckt. Die Transfăgărășan heisst ja auch "Strasse in die Wolken".
Wir fahren weiter die Kurven hoch. Als wir die Baumgrenze hinter uns lassen, wird es gebirgig und die Sicht auf den Bergkamm ist frei. Wir halten an.
Blick nach oben zur Bergstation der Seilbahn, die aber nicht ganz oben liegt (die "Passhöhe" ist ein Tunnel), und zurück auf die Talstation.
Road Captain Mio als Fotograf.
Radu outet sich als mutiger Fotograf und steht für ein Gruppenfoto nahe am Abgrund.
Das Risiko hat sich gelohnt.
Es ist mehr Verkehr aufgekommen, mit leider langsam fahrenden Autos.
Bevor wir ganz oben sind, hält Mio nochmals an, weil von hier die beste Aussicht auf die Kurven ist.
"Die Transfogarascher Hochstrasse Transfăgărășan ist eine Gebirgsstrasse in Rumänien. Die Strasse verbindet das Argeș-Tal in der Grossen Walachei mit dem Olt-Tal in Siebenbürgen, wobei sie das Făgăraș-Gebirge, eine Gebirgsgruppe in den Transsilvanischen Alpen, überquert. Die Hochstrasse ist Teil der 151 Kilometer langen, in Süd-Nord-Richtung verlaufenden Nationalstraße (Drum național) DN 7C. Im Süden beginnt die Nationalstrasse DN 7C in der Gemeinde Bascov im Kreis Argeș, sieben Kilometer nordwestlich der Stadt Pitești, wo sie von ihrer Stammstrecke der Nationalstraße 7 abzweigt. Über Curtea de Argeș führt die Straße weiter nach Căpățânenii Ungureni, wo die eigentliche (nach unterschiedlichen Angaben) 90,167 Kilometer oder 117 Kilometer lange Transfogarascher Hochstrasse beginnt, und endet vier Kilometer nach Cârțișoara im Kreis Sibiu an der Einmündung in die Europastraße E 68."
Spätestens hier zücken alle ihre Handys und Kameras; es wird fotografiert was das Zeug hält.
Ein Selfie hier und ein Selfie da.
Eddy, bereit für den Schlussspurt?
Oben angekommen parken wir auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz. Die Helme und Tankrucksäcke deponieren wir im Begleitfahrzeug. Radu informiert uns, dass die Temperatur nur 6 Grad Celsius beträgt.
Später werden wir durch den Bâlea-Tunnel auf die andere Seite fahren.
Radu hat es uns überlassen, ins Tal zurück zu fahren um die Passstrasse nochmals in Angriff zu nehmen. Waldfried nimmt das Angebot an, wir andern bleiben oben (für meine Begriffe sind zu viele Schleicher unterwegs, die ein zügiges Fahren verhindern).
Nanu, was riecht hier so gut?
Ich kann nicht widerstehen und bestelle mir einen Kürtőskalács mit Kokosnuss; Eddy
"Der Baumstriezel (ungarisch Kürtőskalács („Schornsteinkuchen“), rumänisch Colac secuiesc oder Cozonac secuiesc, wobei sich das Adjektiv secuiesc auf die Bevölkerungsgruppe der Szekler bezieht) ist ein aus Hefeteig über (meistens) offener Feuerstelle gebackener Kuchen mit Ursprung im südöstlichen Siebenbürgen."
Wir gehen auf die Restaurant-Terrasse beim Bâlea-See, einem Gletschersee. Später taucht Woody auf. Er hat seine Spritztour den Pass runter und wieder rauf gut überstanden.
Wir kehren zum Parkplatz zurück und machen unsere Maschinen startbereit für die Weiterfahrt, zuerst durch den Tunnel, und dann auf der anderen Bergseite talwärts um kurze Zeit später schon wieder anzuhalten.
Eddy und Radu hinterlassen "www.motorrad-tour-rumaenien-de"-Spuren.
Je tiefer wir kommen, je schlechter ist der Zustand der Strassen, viel schlechter als auf der Nordseite. Viele Schlaglöcher. Bald fahren wir wieder durch Wald. Wie üblich, fahre ich auf der dritten Position als ich plötzlich am linken Strassenrand zwei kleinere Braunbären sehe! Mein Herzschlag wird schneller. Meine ersten Bären in freier Natur. Mio an der Spitze fährt aber weiter, Michael hintendrein, so dass auch ich nicht anhalte und alle die beiden Bären fotolos passieren.
"Insgesamt gibt es noch schätzungsweise 200'000 Braunbären weltweit, die grösste Population in Russland. Nirgendwo gibt es in Europa mehr wild lebende Braunbären als in Rumänien, die meisten davon in den Karpaten."
Auf der Weiterfahrt denke ich über die verpasste Chance nach, einen Bären zu fotografieren, als ein weiterer, grösserer Ursus arctos (Braunbär), am Strassenrand steht. Diesmal halte ich an, und lasse die beiden Motorräder vor mir weiterfahren.
Hat Gevatter Bär mich realisiert? Ich zücke mein Handy.
Was dieser Motorradfahrer macht, ist unvernünftig. Er füttert den Bären während er immer näher zum Wildtier geht. Seine Sozia nimmt dabei das ganze auf (darum schaut der Mann zurück). Er ist sich wohl nicht bewusst, wie schnell ein Bär sein kann: "Wer läuft schneller: Mensch oder Bär? Der Bär! Normalerweise tapst Meister Petz mit 3 bis 5 km/h durch die Natur. Fühlt er sich bedroht, kann er bis zu 50 km/h schnell werden. Rekordhalter ist der Eisbär, der sogar Tempo 70 schafft. Da kann ein Sprinter mit ca. 40 km/h nicht mithalten."
Ob ich es geschafft hätte, rechtzeitig davon zu fahren? 1. Handy in Hosentasche stecken. 2. Die beiden Knöpfe der Tasche schliessen. 3. Rechter Handschuh anziehen. 4. Motor starten ( der 1. Gang ist schon drin, denn gemäss Handbuch "Motorrad & Bären" soll beim Anhalten in den 1. Gang geschaltet werden). 5. Gas geben. Im Notfall hätte ich wohl direkt bei Punkt 5 begonnen ...
Zehn Minuten später der nächste Stopp bei der Vidraru-Talsperre.
"Die Vidraru-Talsperre befindet sich nördlich der historischen Region Grosse Walachei am Oberlauf des Argeș. In Form einer Bogenstaumauer zwischen den Gebirgszügen Frunții und Ghițu der Transsilvanischen Alpen, ist die Talsperre etwa 30 Kilometer nördlich von der Kleinstadt Curtea de Argeș entfernt und dient der Stromerzeugung. Das zum Vidraru gehörende Wasserkraftwerk befindet sich zwei Kilometer nördlich des Dorfes Căpățânenii Ungureni der Gemeinde Arefu. Auf der Staumauer verläuft die Transfogarascher Hochstrasse (Drumul Transfăgărășan)."
Wieso strahlst du so, Ueli?
Ah, klar, du hast deine ersten Bärensichtung erlebt.
Mio ist happy. Nicht nur wegen der Begegnung mit diesem Hund beim Staudamm, sondern wegen der mit Radu abgemachten spontanen Besichtigung der Grabstätte der Rumänischen Könige und Königinnen.
Das Kloster Curtea de Arges.
Hier ruhen einige der rumänischen Könige und Königinnen.
"Republik trägt letzten König zu Grabe. Trauer um den verstorbenen rumänischen Ex-König Mihai I. Er wäre der dienstälteste Monarch in Europa geworden, hätte er herrschen dürfen. 1947 musste er unter den Kommunisten abdanken. Nach 1989 blieb ihm eine Rückkehr auf den Thron in seiner Heimat verwehrt. Am Samstag ist er in der Karpatenstadt Curtea de Arges beigesetzt worden. (MDR.de, 16. Dezember 2017, von Annett Müller.)"
"Das Kloster befindet sich in Curtea de Arges und wurde zwischen 1515-1517 von Neagoe Basarab als orthodoxes Kloster erbaut. Das Ensemble umfasst die bischöfliche Kathedrale, eines der berühmtesten Baudenkmäler in der Walachei. Die Kathedrale ist in der Liste der historischen Denkmäler in Rumänien enthalten. Während Carol I. wurde die Kathedrale in eine Nekropole für die königliche Familie von Rumänien umgewandelt. Neben den Königsgräbern gibt es in dem Kloster Curtea de Arges auch die Reliquien der heiligen Folofteia. Das Kloster wurde von Neagoe Basarab auf dem Gelände der alten Metropole errichtet. Das Innengemälde des Malers Dobromir wurde 1526 während der Herrschaft von Radu von Afumati fertiggestellt. Es ist fragmentarisch im Nationalen Kunstmuseum in Bukarest aufbewahrt. Die mehrmals reparierte Kirche wurde vom französischen Architekten Andre Lecomte du Nouy restauriert, was einige Veränderungen zur Folge hatte, die den historischen Wert des Denkmals schmälerten. Im Inneren kann man Klangnamen wie Mircea der Ältere, Radu von Afumati, König Carol I., Königin Elizabeth, Neagoe Basarab und seine Frau und Kinder gemalt sehen, deren Gräber sich im Inneren, zusammen mit denen von König Ferdinand und Königin Maria im Narthex befinden. Das Kloster wurde im byzantinischen Stil erbaut, wie die anderen Kirchen in der Gegend, aber es zeigt auch arabische und persische Einflüsse, die ihm eine einzigartige Note verleihen, wobei das Innere voller Bedeutung ist, die 12 Apostel werden durch 12 Säulen aus einem Block dargestellt."
Bevor wir weiterfahren gehen wir zu einem nahen Restaurant, welches feine Dessert haben soll. Aus der Gruppe wurde vorgeschlagen, statt eines langen Mittaghaltes, irgendwo kurz bei einer "Bäckerei - Konditorei - Confiserie - Café" anzuhalten, um nur etwas Kleines/Süsses/Leckeres als Mittagessen zu kaufen.
In letzter Zeit bin ich auch auf den Geschmack von Limonadă cu menta facuta in casa (hausgemachte Limonade mit Minze) gekommen, eine angenehme Abwechslung zu Wasser.
Radu spricht mit der Kellnerin. Was ich vermutete, trifft zu: Er bestellte für alle ein typisches, rumänisches Dessert, Papanași.
Wir staunen über die grossen Portionen, die jeder serviert bekommt. Papanași, rumänische Donuts, sind eines der beliebtesten Desserts in Rumänien. Das, mit einem traditionell hergestellten Teig ohne Hefe, frittierte Topfengebäck wird normalerweise mit einem Weichkäse wie Urdă gefüllt. Papanași werden mit Sauerrahm und mit Marmeladenbelag serviert. Eigentlich wollte ich nichts zum Essen bestellen. Es schmeckt gut, hat Suchtgefahr, aber man hat auch schnell genug; ich schaffe nur die halbe Portion.
Auf der Weiterfahrt begegnen wir nochmals einem Bären; diesmal steht er am rechten Strassenrand; so nah halte ich nicht an.
Nach rund zwei Stunden wirds fahrtechnisch herausfordernder. Als wir vor Cândeşti zum Brătioara-Fluss kommen, müssen wir die asphaltierte DJ735 verlassen. Die Weiterfahrt dem Fluss entlang zur Unterkunft ist Naturstrasse. Offroad- und Schotterfeeling. Mit meinem 240 mm breiten Hinterrad-, resp. 150 mm breitem Vorderradreifen, sind die drei Kilometer hochkonzentriertes und angespanntes Fahren.
Alles geht gut. Um 19 Uhr erreichen wir die Forellenfarm Păstrăvăria Brătioara, auf der wir heute übernachten werden.
Nach dem üblichen Ankunftsprozedere spaziere ich auf dem grosszügigen Gelände herum. Wie ich später vernehme, sind vorallem die Wochenenden sehr gut gebucht. Viele Familien aus Bukarest entfliehen dem Stadtklima und verbringen hier angenehme Tage in schöner Natur. Jetzt aber sind die vielen Freizeitangebote ungenuzt.
Was es wohl zum Abendessen geben wird?
Nach meinem Rundgang treffe ich auf Eddy.
Ich bestelle mir ein Ursus, das meistverkaufte Bier in Rumänien.
"Es wird seit 1878 in Cluj-Napoca gebraut. Das Unternehmen besitzt Brauereien in Brasov, Buzau, Timisoara und eine Mini-Produktionsanlage in Cluj-Napoca. Die Ursus Brauerei hat eine Gesamtkapazität von über 6,8 Millionen Hektoliter und über 1'500 Mitarbeiter. Das Unternehmen war von 1996 bis März 2017 im Besitz von SABMiller. Am 31. März 2017 hat Asahi die Übernahme des ehemaligen Geschäfts von SABMiller in Mittel- und Osteuropa, einschliesslich der Ursus Breweries, abgeschlossen. Ursus wird in Rumänien unter dem Werbeslogan Regele berii în România (Der König der Biere in Rumänien) vertrieben. 2003 sponserte Ursus die rumänische Expedition zum Mount Everest."
Später stösst Mio dazu und löst ein Versprechen ein: Nach jedem Verfahren würde er einen ausgeben. Er bringt eine Flasche selbstgebrannten Grappa auf den Tisch und schenkt grosszügig ein. Auch als Nicht-Grappa-Trinker muss ich einen kosten, so wie Radu und die anderen Ankommenden auch.
Herrliche Vorspeise: Toast mit verschiedenen, sehr leckeren Forellen-Mousse.
Zum Hauptgang gibt es natürlich auch Fisch, frische Forellen aus der eigenen Zucht. Der offene Wein, den ich probieren konnte, schmeckt mir nicht. Da sich zwei Kollegen opfern, auch Wein zu trinken, bitte ich Mio, eine gute Flasche zu bestellen. Er empfielt einen Domeniile Panciu.
Das Bier und die Flasche Rotwein kosten mich keine 16 Franken.
Halb elf Uhr: Ich muss zugeben, dass ich die Übersicht verloren habe, in welcher Richtung wir heute den dritten Pass fahren; nordwärts glaube ich. Es ist kein hoher Übergang, nicht spektakulär, deshalb auch "namenlos" für mich. Die Gegend jedoch ist sehr schön.
11 Uhr: Fotohalt bei der schönen Holzkirche Biserica de lemn Nașterea Maicii Domnului (die Holzkirche der Geburt Mutter Gottes), kurz vor Bran.
Wir können die Kirche nicht besichtigen, das Tor ist geschlossen. Das nachfolgende Foto vom Innern habe ich später von Mio erhalten.
Rund zwanzig Minuten später erreichen wir das Städtchen Bran (deutsch Törzburg), einer Gemeinde im Kreis Brașov in der Region Transsylvanien (Siebenbürgen).
Auf meinen geäusserten Wunsch hin, halten wir an einer Stelle mit bestmöglichem Blick auf Schloss Bran (Trötzburg, "Draculaschloss"), der Königlichen Residenz 1920 - 1947.
"Nach dem Anschluss Siebenbürgens an Rumänien schenkte Kronstadt das Schloss am 1. Dezember 1920 Königin Maria, der Gattin König Ferdinands I. Die Königin liess anschliessend das Schloss umbauen und restaurieren. Die kleine Scheune am Fusse des Schlosses, ließ die Königin zum Teehaus (Casa de ceai) vom tschechischen Architekten Karel Liman umbauen, 1925 den See und die Grünanlage vom deutschen Architekten Friedrich Rebhuhn anlegen. Sie machte es auch zu ihrem Hauptwohnsitz und zur Residenz der königlichen Familie. Nach dem Tod der Königin erbte im Jahr 1938 ihre Tochter Prinzessin Ileana das Schloss."
"Das Schloss Bran (historischer Name Törzburg; rumänisch Castelul Bran) liegt hoch auf einem steilen Felsen über der Schlucht und der Strasse, die Transsylvanien mit der Walachei verbindet. Das Gebäude, dessen Bau 1377 beschlossen worden war, wurde unter Ceausescu zu einer Touristenattraktion ausgebaut. Das Schloss ähnelt dem in Bram Stokers Dracula beschriebenen Schloss des Vampirfürsten. Das historische Vorbild Draculas, der walachische Fürst Vlad III. Drăculea, hat es jedoch wahrscheinlich nie betreten. Das Anwesen steht unter Denkmalschutz."
Auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz in der Nähe vom Schlossareal stellen wir unsere sechs Motorräder ab. Die Töff-Helme und -Jacken sowie die nicht abschliessbaren Gepäckstücke verstauen wir wieder in unserem Begleitfahrzeug. Danach sind wir bereit für unseren Besuch bei Graf Dracula ...
Während sich Radu um die Eintrittsticket für unsere Gruppe kümmert - das Schloss ist eine grosse Touristenattraktion - schaue ich mir den Kommerz an, der mit dem Schloss und der Legende gemacht wird.
"Schloss Bran als Touristenmagnet: Erst im Jahr 1999 erkannte der amerikanische Geschäftsmann Janusz Szalinski das Potenzial, das in dem Schloss steckte. Aber es brauchte mehr Bezüge zu Vampiren und Graf Dracula selbst, um Besucher in den kleinen Ort und zur Besichtigung des Schlosses zu locken. Am Anfang schienen die Einheimischen wenig begeistert von der Idee, haben sich aber mittlerweile mit der Vermarktung des Schlosses angefreundet. Es gibt eine Führung durch das Schloss inklusive eines verkleideten Angestellten, der die Besucher erschreckt. Im Ort selbst werden im Kino Vampirfilme gezeigt, und Touristen können gegen Geld mit den Nachfahren von Vlad Tee trinken. Es gibt auch rumänische Reiseanbieter, die Dracula-Pauschalreisen inklusive Übernachtung im Dracula-Themenhotel anbieten. Szalinski rechtfertigt sein Projekt als Möglichkeit, überhaupt Touristen nach Rumänien zu locken. Denn wenn Leute erst einmal in das Land gekommen sind, würden sie feststellen, dass es viel mehr gibt als Vampire."
Wir gehen den Weg zum Schloss hinauf.
Hier beginnt die Schlossbesichtigung, die viele Elemente einer normalen Besichtigung eines Schlosses enthält:
Geschichtlicher Überblick.
Kleidung vergangener Zeiten.
Requisiten.
Herrschaftliches Schlafzimmer von Königin Maria von Rumänien.
"Prinzessin Marie Alexandra Victoria von Edinburgh, genannt Missy, VA (* 29. Oktober 1875 in Eastwell Park, Kent, England; † 18. Juli 1938 in Sinaia, Rumänien) war ein Mitglied des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha und als Ehefrau von Ferdinand von Hohenzollern-Sigmaringen Königin von Rumänien."
Geheimsnisvolle schmale Gänge und Verteidigungswehrgang.
Manchmals wird es eng.
Blick vom Verteidigungskorridor in den Innenhof mit Brunnen.
Dann aber, das Spezielle in diesem Schloss: Die Legende um Graf Dracula.
"Bekannt wurde Graf Dracula Ende des 19. Jahrhunderts durch den Roman von Bram Stoker († 64), in dem auch das Schloss Bran erwähnt wird. Anschliessend liess die rumänische Königin das Schloss renovieren und benannte es in "Castle Dracula" um, wodurch der Eindruck verstärkt wurde, dass es sich bei dem Gebäude tatsächlich um die Burg des Vampirfürsten handelte. Wahrscheinlicher ist es jedoch, dass der Graf Vlad III., der Bram Stoker als Vorlage für die Romanfigur Graf Dracula diente, nur durch den Ort gezogen war, sich dort aber nie länger aufgehalten hat. Auch ist umstritten, ob der Fürst das Schloss Bran überhaupt jemals betreten hat."
"Vlad III. (* um 1431 angeblich in Schässburg (rumänisch Sighișoara) oder in Nürnberg; † um die Jahreswende 1476/1477) war 1448, 1456–1462 und 1476 Woiwode des Fürstentums Walachei. Sein Beiname Drăculea (deutsch „Der Sohn des Drachen“ von lateinisch draco – „Drache“) leitet sich nach der von Historikern am häufigsten akzeptierten These von der Mitgliedschaft seines Vaters Vlad II. Dracul im Drachenorden Kaiser Sigismunds ab. Der Drache wurde auch im Woiwodensiegel geführt. Dieser Beiname wurde bisweilen auch als „Sohn des Teufels“ verstanden, da das rumänische Wort drac auch Teufel bedeutet."
"Im Westen wurde Vlad als Tyrann beschrieben, dem das Foltern und Töten seiner Feinde ein sadistisches Vergnügen bereitete. Er soll für den Tod von 40'000 bis 100'000 Menschen verantwortlich sein. Zahlen wie diese beruhen auf Angaben diverser Quellen, in denen alle angeblichen Opfer akribisch addiert wurden. So berichtet beispielsweise die Konstanzer Chronik von genau 92'268 Opfern, die Vlad zu verantworten habe. Auch nach anderen Quellen müsse die Anzahl der Opfer mit mindestens 80'000 angegeben werden, wobei jene, die durch die Zerstörung und das Niederbrennen von ganzen Dörfern und Festungen umkamen, nicht mitgerechnet seien. Diese Zahlen müssen allerdings als übertrieben betrachtet werden. In einer Episode werden die Pfählung von 600 Kaufleuten in Kronstadt und die Konfiszierung ihrer Güter beschrieben, in einem anderen Dokument seines Rivalen Dan III. ist 1459 von 41 Pfählungen die Rede. Es ist unwahrscheinlich, dass Vlads Gegner die Zahl der Opfer nach unten korrigiert haben. Die deutschen Erzählungen über Gräueltaten Vlads berichten von Pfählungen, Folterung, Feuertod, Verstümmelungen, Ertränkungen, Enthäutungen, Röstungen und Kochen der Opfer. Andere sollen gezwungen worden sein, das Fleisch ihrer Freunde oder Angehörigen zu essen, oder ihre Kopfbedeckungen an den Kopf genagelt bekommen haben. Seine Opfer waren Männer und Frauen allen Alters (einschließlich Kinder und Säuglinge), Religionen und sozialer Schichten. Eine deutsche Erzählung berichtet: „Er verursachte mehr Schmerz und Leid als sich selbst die bluthungrigsten Peiniger der Christenheit wie Herodes, Nero, Diokletian und alle anderen Heiden zusammen vorstellen konnten“. Im Kontrast hierzu erwähnen die russischen und rumänischen Geschichten kaum oder keine sinnlose Gewalt oder Gräueltaten."
Ich löse ein zusätzliches Ticket um mit einem Lift in einem ehemaligen Brunnen, in die Tiefe zu gelangen.
"The Time Tunnel, Bran Castle’s child, was born today from the entrails of the impressive building. The journey was long and started almost 641 years ago, in 1377. As the fortress was being built, a traditional well was dug into the stone. Then, centuries later, in 1930, Queen Marie of Romania became the owner, she and architect Karel Liman decided that the well’s shaft could be transformed into an electric elevator. Thus, the horizontal gallery was dug, in order to link it with the Royal Park at the foot of the castle. Soon after the Royal Family left in 1948 the two galleries were forgotten and were engulfed by darkness and silence"
Zum Schluss treffe ich noch auf einige Menschen aus der Vergangenheit und geselle mich zu ihnen.
Danach treffen wir uns alle im Parkcafe zu einem erfrischenden Getränk.
Nach einem letzten Blick auf das Schloss kehren wir zu unseren Motorrädern zurück und machen uns fahrbereit für die Weiterfahrt.
15.15 Uhr: Mittagshalt irgendwo.
Unsere Unterkunft, die Dacilor farm, müssen wir uns zuerst verdienen, liegt sie doch abgelegen im Nirgendwo um Tohani herum.
19.20 Uhr: Was wir antreffen, entschädigt uns voll und ganz.
Wir sind mitten in der Natur: "If we were to tell you that the paleogeographic map of the Sarmatic sea - formed tens of millions of years before our era, includes in its prehistoric borders and the hills of the Dacian Farm, or that in Năeni-Fințești, there is an archaeological site comprising two Thracian settlements -dacic, of which a fortified one, surely we would not convince you to cross our threshold."
Wir überschreiten die erwähnte (Tür) Schwelle und treten ein.
Das Abendessen nehmen wir draussen auf einer gedeckten Terrasse ein.
Fotografieren kann ich Zwiebeln, nur essen nicht.
Fütterung der hungrigen Biker.
Gegen elf Uhr kommen wir in Slănic an und fahren zu den Besucherparkplätzen vom Salzbergwerk Slănic Prahova. Radu verteilt Wasser, was wir gerne entgegennehmen. Statt der Motorradjacke nehme ich eine dünne Jacke mit, denn in der Mine liegt die Temperatur, das ganze Jahr über, bei konstanten 12 Grad.
"Die grösste Salzmine Europas, wo rund 300 Jahre lang das weisse Gold der Berge abgebaut wurde, lädt heute Touristen zum Staunen ein."
Nachdem Radu Tickets gekauft hat, steigen wir in einen der Kleinbusse ein, die im Pendelverkehr die Touristen durch einen Teil des Dorfes zum Mineneingang führen.
Nachdem wir in den Stollen hineingefahren sind, geht es minutenlang, mehr oder weniger spiralförmig, im Berg in die Tiefe.
In einer Tiefe von 208 Metern hält der Bus an und wir steigen aus.
Wir gehen durch zwei Türen, eine Art Schleuse, danach durch einen Stollen. Die Spannung steigt ...
... ich bin total unvorbereitet auf das, was ich nun zu sehen bekomme.
Was ich sehe, verschlägt mir die Sprache. Mit offenem Mund bleibe ich stehen und staune. Unglaublich schön, gigantisch gross, sehr beeindruckend. Die glatten Wände ähneln Marmor. Ich befeuchte einen Finger, reibe über die Wand, führe ihn zum Mund zurück und schmecke eine salzige Note.
"Das Salzbergwerk Slănic Prahova liegt etwa 100 km von Bukarest entfernt, in einer Landschaft von grosser Schönheit, die durch das Gebiet der von Laubwäldern bedeckten Hügel geprägt ist. Aufgrund des Salzbergwerks, der schwefelhaltigen Quellen an den Hängen des Slănic-Tals und der sieben Salzseen, die sich auf der alten Salzgewinnung gebildet haben, wurde eine seit 1853 dokumentierte balneotouristische Aktivität (Balneologie ist die Lehre von der therapeutischen Anwendung natürlicher Heilquellen, Heilgase in Form von Bädern, Trinkkuren und Inhalationen) entwickelt, die zur Erklärung von Slănic Prahova als Touristenort von nationalem Interesse beitrug. Das Salzbergwerk Unirea (Salzbergwerk Slănic Prahova), das sich in einer Tiefe von 208 m auf einer Fläche von 53'000 m² befindet, wurde nach 1970 für Besucher eröffnet."
Eine Haveză.
"Eine Schrämmaschine, auch Schräme genannt, ist ein Gerät im Bergbau sowie in Steinbrüchen, das zur Erzeugung eines Schrams dient. Als Schrämen bezeichnet man die schlitzende Art der Gesteinsarbeit beim Bergbau. Dabei wird das Gestein mittels eines spitzen Eisens (Berg- oder Schrämeisen genannt) und eines Hammers (Fäustel) ausgemeisselt, um einen schmalen Schlitz, den Schram (auch Schramm), zu schlagen."
"Die Ausbeutung der Salzlagerstätte des Salzbergwerks Slănic Prahova wird seit über drei Jahrhunderten durchgeführt. Die Anfänge der Geschichte des Salzbergwerks gehen auf das Jahr 1685 zurück, das Jahr, in dem Mihail Cantacuzino erkannte, dass es in der Region Slănic Prahova eine Salzlagerstätte gibt, und so kaufte er das Anwesen Slănicr, um eine Mine zu eröffnen. 1713 schenkte Mihail Cantacuzino sowohl sein Gut in Slănic als auch die Salzminen dem Kloster Coltea in Bukarest. Zwischen 1601-1700 wurde die Ausbeutung von Salz nach der "Glocken" -Methode durchgeführt, bei der, der Zugang durch zwei Abteilungen erfolgte: ein vertikales, das zum Entfernen des Salzes verwendet wurde, und das andere schräg für das Betreten und Verlassen. Bis 1992 wurde hier in den mittlerweile 14 Stollen Salz abgebaut."
Mit touristischen Angeboten werden auch Familien angesprochen, sei es für ein Untertage-Picknick oder -Spiele für Kinder und Erwachsene (auch Tischtennis und Billard werden angeboten).
Auch Salzkunstwerke sind zu bewundern.
"Burebista (* im 2. Jahrhundert v. Chr.; † um 44 v. Chr.) war der erste König des vereinigten Staates der Daker. Er vereinigte, teils mit Gewalt, die geto-dakischen Stämme und wurde im Jahr 82 v. Chr. ihr König. Die Hauptstadt war ursprünglich Argedava bei Orăștioara de Sus; später baute er die Festung und Hauptstadt Sarmizegetusa Regia. Die Daker waren ein den Thrakern verwandtes Volk, das seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. die Gebiete des westlichen Schwarzmeergebietes um die Karpaten im heutigen Rumänien besiedelte."
Es gibt viel Schönes in den riesigen Hallen zu entdecken.
Bis vor kurzem habe ich immer den einen oder anderen aus der Gruppe gesehen. Plötzlich nicht mehr. Wir sind schon eine Stunde in der Mine drin. Es ist wohl Zeit, auf die EXIT Schilder zu achten und zum Ausgang zu gehen.
Wider erwarten treffe ich bei den Bussen nicht auf meine Biker. Zuerst warte ich. Dann treffe ich, in der Annahme sie seien bereits zurück im Tageslicht, die Entscheidung, in den nächsten Bus zu steigen um ihnen nachzufahren. Als ich draussen beim Parkplatz immer noch keine Biker sehe, weiss ich, dass meine Entscheidung falsch war. Sie kommen mit den nächsten Bussen aus der Mine zurück. Sorry Jungs, dumm gelaufen.
Der volle Parkplatz zeigt die Attraktivität dieses Touristen-Hotspots.
Ohne Salz zu kaufen, kehren wir zu unseren Motorrädern zurück.
Nach 2 1/2 Stunden Fahrt durch kleine, mal grössere Dörfer, und auf kurvenreichen Strassen durch Wälder, halten wir bei einem Restaurant, schön an einem Gewässer gelegen, an. Die Aussicht ist aber auch das einzig Schöne an diesem Halt.
Wir müssen sehr lange auf die bestellten Getränke warten.
Was meinst du Radu? Ja, wir haben auch Durst.
Das Essen wird nach rund einer Stunde serviert und dabei geht erst noch Cappuccino-Michi's Papanasi vergessen. Nach verlorenen zwei Stunden geht die Fahrt weiter.
Die letzten 5 Km zu unserer Pensiunea hat es wieder in sich: Nach dem Dorf Rothbach (Rotbav) ist fertig mit Asphalt. Die Strasse ist nicht so schlimm, aber sehr staubig. Heute fahre ich an zweitletzter Stelle; viel Staub lässt grüssen.
Es ist wieder halb acht geworden, als wir bei der Pension unsere Räder auf die Ständer stellen und das Gepäck in die Zimmer bringen.
In leichter Kleidern und wieder staubbefreit, erhalten wir von der Gastgeberin auf der Terrasse ein leckeres Abendessen serviert: Die Schnitzel und das Kartoffelpüree à la Transsilvanien munden sehr gut, dazu gibt es Krautsalat und Schweinebraten. Lediglich der wohl selbst gekelterte Wein ist, für meinen Geschmack, sehr gewöhnungsbedürftig.
Nach unserem Input, morgens früher loszufahren, starten wir heute um 07.40 Uhr. 1 1/4 Stunden später erreichen wir Sighișoara.
Wir parken unsere Motorräder auf dem Parkplatz von einem Discounter und gehen, tenuerleichtert, zu Fuss Richtung Altstadt.
Zum Glück haben wir unsere Pferdestärken zurückgelassen.
Der Weg zur Altstadt steigt an; alles ist schön sauber und mit Kopfsteinpflaster.
Wo sind wir schon wieder?
"Sighișoara (deutsch Schässburg) ist eine der bedeutenderen Städte im Kreis Mureș in der Region Siebenbürgen. Sie liegt an der Grossen Kokel (rumänisch Târnava Mare). Ihr einzigartiges historisches Zentrum wurde 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt."
Mich ziehts weiter hoch, zum Hügel mit der Kirche.
Im Schatten gehts die Stufen der Schülertreppe hoch.
"Schässburg wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts von deutschen Einwanderern, Siebenbürger Sachsen, gegründet. Im Jahre 1280 wurde es als „Castrum Sex“ das erste Mal urkundlich erwähnt. 1298 wurde es als „Schespurch“ bzw. „Schaesbrich“ und 1337 mit dem ungarischen Namen „Seguzwar“ erwähnt. 1435 tauchte der aus dem Ungarischen entlehnte rumänische Name „Sigisoara“ erstmals auf. Die vielen deutschen Namen auf den Grabsteinen sind Nachkommen der Einwanderer."
Ich steige wieder die Stufen der Treppe hinunter in die schöne Altstadt.
So wie Frauen in High Heels doch lieber auf ebenen Strassen, Plätzen und Gehwegen laufen, so empfinde ich das Gehen mit meinen Motorradstiefel auf dem Kopfsteinpflaster je länger als Tortur. Ich habe das Gefühl, dass die Stiefel immer kleiner und meine Zehen immer mehr gedrückt werden.
Klar doch, habe ich das Brautpaar vor dem Fotografieren gefragt ...
... auch die Hofmusikanten und die Kameramänner.
Nanu, werde ich verfolgt? Wir sind zwar noch in Transsylvanien, aber Dracula, hier?
"Dracula Haus: Die literarische Gestalt „Dracula“ von Bram Stoker wird mit Schässburg in Verbindung gebracht, Vlad Țepeș (Vlad III. Drăculea, der Pfähler), Sohn des Vlad II. Dracul (der Drache), wurde möglicherweise dort geboren. Zwischen 1431 und 1435 soll er in der Stadt gewohnt haben."
Um 12 Uhr wollen wir uns hier treffen. Ich bin zu früh, so schaue ich mir noch die Aussicht an.
Nachdem Radu und Milo alle Schäfchen zusammengetrieben und zu einem Restaurant gebracht haben, geniessen wir die Mittagspause. Das Sitzen tut gut.
Ich investiere 15 Lei in Limonadă; zum Essen bestelle ich Salat.
Auf dem Weg zur Toilette sehe ich, dass das Restaurant schöne Innenräume hat.
Nach dem Essen kehren wir zu unseren Töffs zurück.
Wir sind über unzählige unbewachte Bahnübergänge gefahren ...
... nun halten wir mal bei einem mit allem Drum und Dran: Lichtsignal, Barriere und ... sogar einem Zug.
Es ist erst (!) 18 Uhr, als wir beim Hotel einchecken. Die Zeit lässt es zu, vor dem Abendessen noch den Pool zu benutzen.
Das Abendessen ist nicht leicht, schmeckt aber vorzüglich: Rumänische Krautwickel (Sarmale), Würste und Polenta.
Die Meisten von uns sind satt, als noch eine Nachspeise in einer Auflaufform auf den Tisch gebracht wird.
Da müssen wir durch: Anschneiden und kosten.
Die lokale Spezialität - Clătite brașovene - Pfannkuchen nach Brasov'er Art, riecht und schmeckt fein.
Letztes Briefing dieser Tour; ab morgen muss jeder wieder selber schauen wo es hingeht. Danke Radu, du hast das gut gemacht.
Vor der Abfahrt finde ich noch Zeit für Abschiedsfotos:
Radu, der Organisator und Boss; danke für diese Tour, von der ich viele schöne Erinnerungen mit nach Hause nehme.
Cappuchino-Michi, der stille Geniesser; danke für die Erzählungen aus deiner Bergbauzeit.
Thomas, der coole "Seemann" mit grossem Motorradwissen aus einer der bedeutenden norddeutschen Hansestadt an der Elbe; danke, denn nun weiss ich, wo Backbord und wo Steuerbord sind.
Mio, der stolze Rumäne der ab und zu mit rumänischen Umständen nicht zufrieden ist; danke für deine interessanten Erzählungen über dein Land.
Eddy, der Karpaten-Wolf; danke für deine humoristischen aber auch wissensstarken Beiträge.
Woody, "eben" der, der Schweizer-Kenner; danke, dass du für mich die Rolle als Schlussmann übernommen hast, so fühlte ich mich wohler.
Wir waren eine zufällig zusammengewürfelte Gruppe mit unterschiedlichen Charakteren; funktionierten trotzdem homogen.
Die Benzinpreise während der Tour waren unterschiedlich, zwischen 7,78 Lei und 8.66 Lei pro Liter; 1.54 bis 1.72 Franken pro Liter.
Als wir nach halb elf Uhr in Hunedoara eintreffen, fallen uns als erstes die Industrie-Ruinen auf, Überbleibsel der rumänischen Schwerindustrie, der ehemalige Stolz der Arbeiterschaft, der Stolz des rumänischen Sozialismus.
"Rumäniens Metallindustrie zählte zu den grössten Errungenschaften des Sozialismus: Schwerindustrie anstatt Konsumgüter, Hunderte Tonnen von Stahl pro Einwohner, dafür keine Autos, keine Fernseher, keine Waschmaschinen, zuletzt dann auch kein Brot, kaum Milch oder kein Fleisch. In Hunedoara spürte man bis 1989 die Unzulänglichkeiten des rumänischen Kommunismus kaum, jedenfalls weniger als anderswo im Land, denn die Metallarbeiter zählten zu den Lieblingen des Regimes, ihre Löhne waren verhältnismäßig hoch. Etwa 25'000 Arbeitnehmer beschäftigte das Combinatul Siderurgic Hunedoara 1988, die grösste Produktion hatte das Werk in den Jahren 1982 bis 1984 verzeichnet, danach ging es nur noch bergab. Die Technologie stammte aus dem Jahre 1970, Anfang der 1990er zählte Hunedoara zu dem „Haufen Alteisen“, wie Premierminister Petre Roman damals Rumäniens Industrie nannte."
Obschon die verfallenen Industrie-Gebäude für die einen Schandflecke sind, wären diese "Lost Places" für mich interessante Foto-Motive. Aber deswegen sind wir nicht hierher gefahren ...
Diesmal ist Mio wählerisch beim Parken. Statt dem offiziellen, gebührenpflichtigen Parkplatz, stellen wir die Motorräder vor einem geschlossenen Fast-Food-Restaurants ab. Es geht nicht lange, und ein Polizist kommt zu uns.
Trotz meiner staubigen Maschine - Radu's und Eddy's Erklärungen sei Dank - ist alles in korrekter Ordnung.
... dieses Märchenschloss ist der Grund unseres Herkommens.
"Burg Hunedoara, auch Burg Corvin oder Schloss Corvin genannt (Castelul Corvinilor), ist eine der grössten Burgen Europas.
Aus dem Jahr 1446 im Renaissance-Gothic Stil erbaut, sieht es aus wie direkt aus einem Märchen. Die Burg wurde von dem ungarischen Militärführer der rumänischen Abstammung John Hunyadi gegründet. Die Struktur, die anstelle der Burg Corvin war, wurde zunächst John Hunyadis Vater, Voyk von Sigismund, König von Ungarn gegeben. Nach dem Tod von John Hunyadi wurde die Burg vernachlässigt."
"Das Schloss befindet sich auf einem felsigen Hügel mit Brückenzugang. Es enthält drei große Bereiche: die Ritterhalle für Feste, die Diethalle für Empfänge und die Treppe. Rund- und rechteckige Türme wurden für militärische Zwecke gebaut. Einige von ihnen dienten zwar als Gefängnisse. Im 17. Jahrhundert wurde die Burg rekonstruiert und teilweise neu gestaltet. Neue Teile wurden hinzugefügt, der Grosse Palast, der Weisse Turm und der Artillerieturm. Nach einer Legende verbrachte der berühmte Vlad der Impaler (Dracula) sieben Jahre in den Türmen des Schlosses Corvin und wurde verrückt. Das Schloss wurde für viele Filme und TV-Programmen verwendet und diente im Videospiel 'Age of Empires: The Forgotten' als Vorlage."
Wir starten unseren Rundgang.
Da wir alle über 12 Jahre alt sind, steigen wir hier hinunter.
Die Kapelle wurde während der ersten Bauphase der Burg (1446-1456) erbaut.
Bild links König Matia Corvin ("König Matthias; *23. Februar 1443 in Klausenburg, Siebenbürgen; †6. April 1490 in Wien).
Bild rechts König Eddy (*8. Mai 1966), der Karpatenwolf, wie er leibt und lebt.
Eine weitere Legende, die sich in diesen alten Gemäuern zugespielt haben soll.
"Die Legende der türkischen Gefangenen. Die vielleicht berühmteste Legende, die aus dem Schloss kommt, ist eine Geschichte von drei türkischen Gefangenen. Es wird erzählt, dass diese Männer gefangen genommen und in der Burg festgehalten wurden und einen Deal vom König erhielten. Ihnen wurde gesagt, wenn sie einen Brunnen graben könnten, der auf Wasser trifft, würden sie frei gelassen. Dies war eine scheinbar unmögliche Aufgabe, da die Männer durch massiven Stein graben mussten. Trotzdem beharrten sie darauf. Rund 15 Jahre lang gruben sie 28 Meter tief. Es gelang den Gefangenen, Wasser zu finden, aber die Frau des zwischenzeitzlich verstorbenen Königs hielt nicht Wort. Anstatt freigelassen zu werden, wurden die Männer getötet. Als letzten Wunsch meisselten sie eine Nachricht in Stein. Ihre Botschaft lautet: "Du magst Wasser haben, aber du hast keine Seele." Viele behaupten, dass die Geister des Gefangenen das Schloss weiterhin heimsuchen könnten, da ihnen zu Unrecht das Leben genommen wurde."
Den Brunnen gibt es; ob er allerdings wirklich so gebaut worden ist?
Nach dieser interessanten Besichtigung fahren wir weiter. Um halb zwei machen wir einen Mittagshalt bei einer besonderen Location.
Wir verzehren den bestellten Fast-Food im oberen Stock vom Truck.
15.30 Uhr. So früh wie heute, sind wir noch nie in einer Unterkunft angekommen.
Ironie des Schicksals: Unterwegs mussten wir vernehmen, das Radu mit seinem Begleitfahrzeug eine Panne hatte, gerissener Keilriemen. Die Panne vom Pannenfahrzeug bedeutet für einige von uns, dass das Gepäck erst später ankommen wird.
Mir wird ein Zimmer für sechs Personen zugeteilt. Welches Bett soll ich nehmen? Ich entschiede mich für dasjenige links. Duschen und danach was anziehen?
Ich lege mich aufs Bett und lasse es zu, dass meine Augen zufallen.
Radu's Kastenwagen wurde abgeschleppt und steht heute nicht mehr zur Verfügung. Das Gepäck wurde anderweitig hierher gebracht. Ich hole es, nehme jetzt eine Dusche und steige in frische Wäsche. Nun steht ein kühlendes Bier auf dem Programm.
Nein danke, nichts für mich.
Ja gerne, davon esse ich.
Der alte Mann, der seine Tochter, sie führt die Pension, als Gastgeber vertritt, stellt noch und noch leckere Sachen auf den Tisch. Wir bedienen uns, essen, reden, trinken, essen und reden. Da vernehmen wir, dass dies nur die Vorspeise sei. Ich winke ab; habe genug und verzichte auf den Hauptgang.
Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei und der Hosenträger drei: Da einige von uns heute Abend nicht hier schlafen werden und morgen die einen früh, die anderen später starten, heisst es bereits heute Abend Abschied nehmen.
In meinem Zimmer hat es einen Wasserkocher und "Nescafé 3 in 1" Sticks. Diesen Instant-Kaffee, löslicher Bohnenkaffee mit Creamer und Zucker, habe ich auf meiner Asien-Reise 2015 kennen- und lieben gelernt. Zu Hause trinke ich nur Espresso oder Ristretto, beide schwarz und ohne Zucker, aber unterwegs nehme ich gerne vor dem Frühstück eine oder zwei Tassen von dieser doch leckeren Mischung.
Noch kein Biker weit und breit im Frühstücksraum, so gehe ich halt noch ein bisschen umher.
Viel liebevoll Arrangiertes verrät die weibliche Chefhand im Hause Pensiunea Gradina Verde.
Nach und nach trudeln die verbliebenen Biker-Kollegen ein und wir bedienen uns am reich dekorierten Frühstücksbuffet. Radu übereicht jedem von uns eine Tüte mit "Bhaltis" (schweizerdeutsch: I has zum bhaute übercho" = Ich darf es behalten). Danke für diese Wertschätzung, Radu. Danach verabschieden wir uns mit kumpelhaften Umarmungen. Ein wenig wehmütig wünschen wir einander Glück auf den nun getrennten Wegen.
Im Zimmer mache ich zuerst eine organisierte Unordnung, um dann Ordnung in die Tasche zu bringen.
Beim Runtertragen meines Gepäcks zeigt mir der Blick aus dem Treppenhausfenster, dass nur noch zwei Motorräder auf dem Parkplatz stehen.
09.31 Uhr. Ready for take off.
Tausch der letzten Lei gegen Benzin.
"Der Leu (Plural: Lei, deutsch: Löwen) ist die Währung Rumäniens. Sie unterteilt sich in 100 Bani. Die Bezeichnung der Währung wird darauf zurückgeführt, dass im 17. Jahrhundert in den rumänischen Fürstentümern niederländische Löwentaler zirkulierten."
Die Richtung stimmt, Cenad, der Grenzübergang zu Ungarn.
Nun gehts zuerst auf die Autostrasse, später auf die Autobahn; die Kilometerfresserei beginnt ...
Bei einem der Tankstopps mühe ich mich mit einem der digitalen Bestellautomaten ab; nach erfolgslosen Versuchen gehe ich zur Kasse und bestelle verbal.
In Wien angekommen, möchte ich meinen Rücken bei einer Massage verwöhnen. "Der Punkt" zwischen meinen Schulterblättern ist wieder seit Stunden schmerzhaft spürbar. Bei grösster Hitze und grossem Stadtverkehr fahre ich verschiedene Adressen an; keine freien Kapazitäten. Endlich, kurz vor dem Aufgeben, werde ich doch noch fündig. Allerdings kann ich weder die gewünschten 120 Minuten, noch deren 90 buchen; aber die Lücke von 60 Minuten nehme ich gerne wahr. Frisch geduscht steige ich danach wieder in die gleiche Wäsche und suche ein Restaurant für ein Abendessen.
Die Frage stellt sich: Was isst man in Wien und wo?
Ein Sachertorte im Hotel Sacher und ein Wienerschnitzel beim Figlmüller!
Da ich nicht "man" heisse, ...
... esse ich anderswo und anderswie.
Und nun, Navi, auf zur Autoreisezuganlage!
20.52 Uhr: Pole-Position verpasst; aber das Tor zur Auffahrt ist eh noch nicht offen.
Nach der Ticketkontrolle bin ich in der Kolonne der Motorräder der erste. Das Tor wird geöffnet und ich fahre durch die Unterführung die Rampe hoch.
Oh wie peinlich! Ihr kennt das wohl auch, die Momente einer peinlichen Situation, bei der man/Frau/Mann sich nur noch wünscht, im Boden zu versinken, vom Erdboden verschluckt zu werden.
Bei der Hinreise hatte ich Bettplatz Nr. 42 im Wagen 17. Was für ein Zufall, auch bei der Rückfahrt habe ich wieder den gleichen Bettplatz. So steige ich in den Wagen ein und suche das Abteil mit dem Bettplatz 42. Darin angekommen, entledige ich mich meiner Motorradbekleidung, hänge alles schön auf und mache es mir, nur mit einem langen T-Shirt und in Unterhosen, auf dem Bett bequem. Da das Licht nocht nicht funktioniert, lasse ich die Kabinentür offen. Ich beginne zu lesen. Da höre ich eine Stimme "... da hat es sich einer in unserem Abteil bequem gemacht!" Wie, was, meint der mich? Selbstsicher stehe ich auf, zücke mein Ticket und zeige es dem Sprecher der beiden Schweizer-Paare. Das ist aber das falsche Datum, meint der hässig. Ich drehe das ausgedruckte Ticket um und sehe beim heutigen Tag, dass mein Bettplatz 42 in Wagen 16 ist. Sechzehn, nicht siebzehn. Ich stammle eine Entschuldigung, ziehe die Motorradehosen an und packe meine Siebensachen in die grosse Tasche.
"Eine Redensart seit dem 17. Jahrhundert die darauf anspielt, dass wenige Besitztümer schnell zusammengepackt oder zusammengerafft werden können, um „abzureisen, auszuziehen oder eilig zu verschwinden."
Als ich vollbeladen und nochmals entschuldigend das Abteil verlasse, begleitet mich ein "... das nächste Mal halt besser Aufpassen ...". Recht hat er, aber muss der Füdlibürger-Schweizer das jetzt auch noch sagen?
Im nun richtigen Abteil angekommen, verstehe ich, wieso das obere Bett im anderen Abteil runtergeklappt war und eine Leiter bereit stand; es war für eine Doppelbelegung vorbereitet. Sicherheitshalber kommt der Schaffner vorbei und will mein Ticket sehen; nun bin ich richtig.
Guten Morgen schöner Morgen; auch am letzten Tag scheint die Sonne.
Die Passagiere sind alle draussen und warten auf die Eisenbahnwagen mit den vier- und zweirädigen Fahrzeugen.
Mein erster Halt ist auf Schweizerboden. In Altstätten/SG besuche ich einen ehemaligen Arbeitskollegen und seine Frau. Markus und Karoline haben mich zum Frühstück eingeladen (im Zug habe ich nur zwei Orangensaft bestellt). Nach der Stärkung und gemütlichen Gesprächen über das Gestern und das Heute, fahre ich durchs Appenzellerland. Da ich ein paarmal spontan die Richtung ändere, ist meine Route nicht optimal: Trogen/AI, Teufen/AR, Appenzell/AI, Hemberg/SG, Wattwil/SG, über den Rickenpass/SG, Schindellegi/SZ, Hütten/ZH ins Zugerland nach Cham zurück.
"Der Hüttnersee ist ein kleiner See in der Ortschaft Hütten der Gemeinde Wädenswil im Kanton Zürich. Das Nord- und Ostufer mit der Badeanlage gehört zur Ortschaft Samstagern in der Gemeinde Richterswil."
Blick auf den Zürichsee und den Teufenbachweiher in der Gemeinde Wädenswil. Ganz klar nähere ich mit der Kantonsgrenze zu meinem Wohnkanton Zug.
Im Vordergrund Zug, die Hauptstadt vom Kanton Zug; im Hintergrund Cham, die Gemeinde in der ich seit 1977 lebe. Es geht nicht mehr lange und ich bin zu Hause.
Nach insgesamt 3377 Km stelle ich meine schmutzige Kawasaki, unfallfrei und pannenlos - die Lampen vom Abblendlicht brennen nicht mehr - an ihren Stammplatz in der Garage. Ich bin froh, ein weiteres Motorrad Abenteuer gut überstanden zu haben und feststellen zu können, dass ich diese Art von Reisen noch immer kann und will. Das Verlassen der Komfortzone ist nicht immer einfach, aber es macht mir noch Spass, die Bequemlichkeit und Risikofreiheit hinter mich zu lassen.
Vom "Aschenputtel" zur wieder glänzenden Maschine.
Der Dreck ist weg, die Erinnerungen aber bleiben.
Noch kurz auftanken und sie ist wieder bereit ...