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"Der Weg ist das Ziel", deshalb führt mich die Eisenbahnreise nicht direkt nach Moskau:

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Verwirklichung

Reiseberichte 25. Januar bis 10. Februar 2015

1. bis 3. Tag; Dienstag, 27. Januar 2015, Prag, Hauptstadt, Tschechien

Wieso gehört zu einem Beginn immer ein Abschied …?

Mit noch tränenden Augen sitze ich in der S1 nach Luzern, während ich in Gedanken noch immer in Cham bin. Einerseits ist es schön, wenn Familie und Freunde beim Abschied dabei sind, andererseits schmerzt es. Zweifel an meinem Vorhaben kommen auf. Wieso verzichte ich auf all das und lasse es zurück? Klar, die Planung hat sehr Spass gemacht, aber schon der Beginn der Umsetzung ist real nicht wie am PC. Von ein paar meiner Reisen weiss ich, dass das Angewöhnen vom Alltag in das unbekannte, beschwerliche Abenteuer, seine Zeit braucht ... Nach dem Umsteigen in den Zug nach Basel, wo ich es mir mit meinen 37.9 Kg Gepäck (Duffel mit Rollen 23.7 Kg, Rucksack 12.1 Kg, Fototasche 2.1 Kg) auf vier Plätzen gemütlich mache, werde ich plötzlich aus meinen Gedanken gerissen „… bitten wir um Verständnis“. Was hat die Stimme da gesagt? Beim zweiten Mal höre ich von Anfang an zu und vernehme, dass ich, wegen Bauarbeiten, in Olten den Zug wechseln muss. In Olten warte ich auf den angekündigten Zug, der gemäss Bahnhofdurchsage ausnahmsweise auch in Sissach halten wird. Nun, denke ich, das kann mir ja gleich sein, habe ich doch in Basel über eine Stunde Anschlusswartezeit, die ich mit einem Schlummerbecher zu überbrücken gedenke. Der Zug ist so gut gefüllt, dass ich für mich und mein Gepäck keinen Platz finde, also bleibe ich im Eingangsbereich stehen. Bei der Ankündigung der Ankunft in Basel realisiere ich erschreckend, dass die gute Stunde Umsteigezeit auf noch rund 7 Minuten geschrumpft ist. Dabei ich will doch noch mein Halbtax-Abo in ein Couvert stecken und mit ein paar Worten versehen an Silvia senden. Also schnell das Couvert hervornehmen, Abo hinein, Couvert zukleben, für mehr reichts nicht, und raus aus dem Zug. Wo sind eigentlich die Briefkästen auf den Perrons? Treppe hoch, natürlich mit meinem Gepäck, über die Passage, Treppe runter – da steht mein Nachtzug nach Prag. Ich suche Wagen 267, schiebe mein Gepäck in den Zug und schaue mich um. Da steht ein - wie schreibe ich das nun politisch korrekt? – SBB-Mitarbeiter in einer orangen Weste und mit eindeutig nicht Schweizerischem Migrationshintergrund, dem ich das adressierte und frankierte Couvert in die Hand drücke und ihn bitte, es in einen Briefkasten zu werfen. Er schaut zuerst das Couvert und dann mich an, brummelt irgendetwas und schon werde ich vom Schlafwagenbetreuer in den Zug geschoben und kurze Augenblicke später setzt sich der Zug in Bewegung. In meinem Abteil, das ich für mich alleine gebucht habe, kommen sich zu Beginn mein Gepäck und ich in den Weg. Wie wird das in einem 3er- oder 4er-Abteil zugehen? Wieso habe ich mir den Luxus "Single" nicht bis Moskau geleistet? Ich kenne die Antwort und weiss, oder hoffe, dass auch diese Bedürfnisse sich einpendeln werden.

Prag Am nächsten Tag erreiche ich mit einer Stunde Verspätung Prag. Der vom Taxi Chauffeur angebotene Preis erachte ich als zu teuer, ein anderes Taxi finde ich nicht, weshalb ich mir den Weg zum Hotel mit dem Stadtplan suche und auch finde. Nach dem Einchecken bummle ich durch die schöne Stadt mit den vier Stadtteilen. Das Erklimmen des Hügels mit der Burg, dem Wahrzeichen von Prag, hätte ich mir aber sparen können (geschlossen).

Die Aussicht über die Stadt ist jedoch verfügbar. Und klar laufe ich über die Karlsbrücke, der Sehenswürdigkeit von Prag, bei Tage und bei Nacht. Langsam aber sicher wird in mir der „Indiana Jones“ wach und meine Reiselust aktiviert sich zunehmed. An den Gedanken aber, dass ich nun Monate unterwegs sein werde, mit Übernachtungen nur in fremden Betten, mit Essen nur in Restaurants, die Lieben nur im Herzen dabei, muss ich mich aber noch gewöhnen. Ich geniesse eine Shirodhara und stelle damit auch „mein drittes Auge“ auf die neue Lebensweise ein. Die erste, aber sicherlich nicht letzte Ayurveda Behandlung auf meiner Reise.

 

4. bis 6. Tag; 30. Januar 2015, Bukarest, Hauptstadt, Rumänien

Prag Diesmal lasse ich mich vom Hotel zum Bahnhof chauffieren, da der Preis weit unter demjenigen ist, der mir bei der Ankunft vom Taxifahrer angeboten worden ist. Am Bahnhof steht eine Menge Leute vor der Anzeigetafel und wartet auf die Information über ihren Zug. Mein Zug um 07.42 Uhr nach Bratislava ist nicht aufgeführt, aber mit dieser Abfahrtszeit und meiner Zugnummer steht Budapest. Einige Gedankengänge später weiss ich, dass dies mein Zug ist. Die Nummer des Bahnsteiges ist noch nicht aufgeführt, so bleibt Zeit um ein Mineralwasser zu kaufen. Mit Hilfe eines Bahnangestellten (?) finde ich rechtzeitig Gate 4J und kurze Zeit später fährt Zug 275 ein. Mein reservierter Platz 71 ist in Wagen 372, 1. Klasse (von wegen „… Bedürfnisse einpendeln …“).

Bratislava Gute vier Stunden später wird die pünktliche Ankunft in Bratislava angekündigt. Ein Taxi bringt mich zu meinem Hotel. Mein Zimmer ist bereit und so kann ich meinen vollen Rucksack auf Sightseeing Modus umpacken. Als erstes beziehe ich bei einem Automaten von meinem Euro-Konto Euro, um, wie geplant, in einem Euroland meinen Cash Bestand zu erhöhen. Danach suche ich eine Bank auf, um ein Devisengeschäft zu tätigen: Nummer ziehen und warten bis die meine aufleuchtet. Ich zeige meine verbliebene 200-Tschechische-Kronen-Note und frage, ob ich diese gegen Euro wechseln kann. Zum ersten Mal seit meiner Abreise muss ich meinen Pass zeigen. Nach einigen Inputs am PC, dem Ausdrucken von zwei Belegen, dem Abstempeln und Unterschreibens Bankenseitig, meinem Unterschreiben, erhalte ich, nach Abzug von „Uvedenỳ kurz je vrảtane 1 % poplatku“, EUR 6.81. Glücklich verlasse ich die Bank und laufe zur Burg hoch. Irgendwie habe ich es bisher nicht so mit den Burgen. Nach der gesperrten Burg in Prag, hier jede Menge EU- und andere Flaggen, viele Polizisten, noch mehr dunkle Audis mit CD-Schildern und Chauffeuren, Polizei-Skodas sowie Fernsehübertragungswagen, belegen den Platz hinter dem ersten Eingangstor, welcher normalerweise für Fahrzeuge gesperrt ist. Ich schaue mir die Burg nur von aussen an, und laufe dann Richtung Altstadt, die ich kreuz und quer besichtige, aber doch nicht überall durchgehe.

 

 

Zwischendurch benütze ich die Toiletten in den Einkaufszentren, was zwar 20 Cents kostet, dafür sind sie sauber und ich habe Platz, um meine Utensilien abzustellen. Einige Stunden und Kilometer später entscheide ich mich, vor allem um wieder einmal sitzen zu können, für eine Elektro-Fahrzeug-Tour durch die Altstadt und zur Burg, die sich nun in einem anderen Licht zeigt.

 

Da ich dabei beinahe eingeschlafen bin, entscheide ich mich, heute früh zu essen und dann ins Hotel zu gehen. Eigentlich ist das Hotelzimmer nicht speziell, für mich aber schon, und wie, kann ich mich hier doch ohne aktivierte Orientierungs- und andere Sensoren unbekümmert bewegen, muss nicht mein Gepäck im Auge behalten, ich fühle mich sicher wie in einem Reduit.
Der Wi-Fi Empfang ist nicht konstant gut. Immer wieder habe ich Einschränkungen und dabei möchte ich doch meinen ersten Bericht auf meine Website stellen; vorerst noch ohne integrierte Fotos, weil ich dafür das Menü noch nicht gefunden habe. Früh schlafen gehen bedeutet früh aufzuwachen. Zu dieser frühen Morgenstunde sind noch nicht viele User auf und Wi-Fi-aktiv, deshalb klappt es mit der Verbindung zu meinem Host.
Danach heisst es die Herausforderung annehmen, die Zeit bis zur Abfahrt meines Zuges um 15.50 Uhr nach Budapest zu überbrücken. Es hilft, dass ich das Zimmer bis Mittag behalten kann. So beschäftige ich mich mit „Haushaltaufgaben“, die Tasche muss anders, optimierter gepackt werden, „Büroarbeiten“, die nächsten Termine und Hoteladressen im iPhone eingeben, Emails beantworten, Fotos von der Kamera auf das Notebook übertragen sowie die Zugtickets und Reservationsbelege in die entsprechende Hosentasche legen, und „Körperpflege“, rasieren, Haare waschen und duschen (die nächste Nacht werde ich im Zug verbringen). Danach deponiere ich die Tasche und den Rucksack in einem abschliessbaren Raum bei der Rezeption und los geht’s, nur mit umgehängter Fototasche. Nach der Altstadt laufe ich über die Brücke mit dem einen Pfeiler in der Mitte, wo mich ein Lift, gegen Abgabe von 6 Euro, zur Aussichtsplattform hochfährt.

Im Restaurant trinke ich nichts, dafür suche ich das WC auf.

Bei dieser Jahreszeit ist es nicht möglich, eine Pause draussen zu machen, trotz den vielen Bänken, alles ist nass und kalt. Zurück in der Altstadt suche ich ein Restaurant mit slowakischen Spezialitäten auf und werde positiv überrascht: Weder in der Sauerkrautsuppe mit Speck und Wurststücken, noch in den Schafskäse-Spätzle entdecke ich Zwiebeln. Zurück im Hotel lasse ich mir ein Taxi rufen und fahre, im Vergleich zum Vortag, zum halben Preis (und dabei war der gestrige Fahrer „so nett und gesprächig“), zum Bahnhof.

 

Im Zug Bei der Einfahrt meines Zuges achte ich auf die Wagennummer um meinen reservierten Platz zu finden. Die 1. Klasse (ja richtig, dient der Feinjustierung des Bedürfnisse-Pendels) ist nur spärlich belegt und in meinem 6er-Abteil sitzt nur zu Beginn eine Mitpassagierin. Beim Umsteigen in Budapest werde ich gefordert, gilt es doch die vielen Kilos, meine und die des Gepäcks, in 5 Minuten (die Fahrplanmässige gute halbe Stunde ist durch Verspätung arg geschmolzen) zum richtigen Perron zu bringen. Als ich die Türe zum Korridor im Wagen 422 passieren will, geht’s nicht mehr weiter, ich stecke fest. Nein, nein, es ist nicht mein Bauch, es liegt am Mammut an meinem Rücken; also die Tasche vorne stossend und den Rucksack hinten längs haltend, finde ich mein Abteil mit den Betten 32 – 34 – 36, wobei ich die dritte Liege nicht sehe. Zum letzten Mal habe ich „Single“ gebucht, was meine Bedürfnisse, irgendwie wehmütig, registrieren.
Im Speisewagen werden auch "Muschi" (?) angeboten, aber da ich nicht weiss, wie „Muschi de Vita la Giratar cu unt“ schmecken, nehme ich das empfohlene „Chicken with potatoes“ (die Pommes sind mit Käse überbacken), ein Mineral und dazu versuche ich einen Rumänischen Pinot Noir, welcher leicht ist und gut schmeckt. Später lese ich, dass "Muschi" gebraten bedeutet.
In der Nacht überquere ich die Grenze Ungarn-Slowakei und werde dabei geweckt. Die beiden Passkontrollen verlaufen schnell und problemlos. Am Morgen erhalte ich in einem Plastikbecher einen Instant Kaffee. Zudem zeigt mir der Schlafwagenbetreuer in einem Kasten den restlichen Teil vom enthaltenen Frühstück, eine Packung Petit Beurre, eine Portion Konfitüre und noch ein Tütchen Instant Kaffee. Als ich nach heissem Wasser für den zweiten Kaffee frage, versteht er mich zuerst nicht, erhalte aber dann doch Wasser, kaltes. Es geht ja auch ohne zweiten Kaffee.

 

Bukarest Nach der Ankunft beziehe ich am Automaten einige Lei und nach einer kurzen Taxifahrt checke ich im Golden Tulip ein. Als ich das Bett sehe, möchte ich der Versuchung nachgeben und mich hinzulegen. Aber ich will etwas sehen von der Stadt. Ich mache mich auf die Suche nach einer Haltestelle von „Bucharest City Tour“, welche „Hop-on – Hop-off“ anbieten. Da ich merke, dass das Frühstück nicht nachhaltig war, entschliesse ich mich mit fast food nachzuhelfen. Der freundlich lächelnde Herr mit Brille, weissem Haar und Bart, wohl der Hühnerfarmer und Firmenbesitzer aus Kentucky, scheint mir vertrauenswürdig, umso mehr, als unter den drei Buchstaben im Firmenlogo „sogood“ steht. Nach dem ersten Bissen denke ich, was da „sogood“ sein soll. Ich schaue mich um und entdecke Fortsetzungen des Slogans „sogood to be here“ und "soogod to see you". Aha, das bezog sich gar nicht aufs essen. Gestärkt laufe ich los, und bei der ersten Haltestelle werde ich aufgeklärt, dass die Touren um diese Jahreszeit noch nicht angeboten werden, deshalb laufe ich weiter und laufe und laufe. Bei den wirklich sehr grossen Plätzen, mit zum Teil fünf- oder sechsspurigen Zufahrtsstrassen, heisst es rechtzeitig schauen, wo der Weg danach weitergeht, sonst heisst noch mehr im Kreis laufen. Endlich sehe ich verschwommen den „Arcul de Triumf“. Es ist ja nicht Touristensaison, deshalb wird die Zeit für Renovationsarbeiten genutzt und das Denkmal an die Soldaten vom ersten Weltkrieg ist hinter einer grossen Bild-Blache versteckt. Nun freue ich mich auf das Freilichtmuseum, welches ich bald erreiche und welches auch offen ist. Es wird mir aber mitgeteilt, dass im Winter die Häuser innen nicht besichtigt werden können. Nun steht die Old City an, das Ausgangsviertel. Bei der ersten Metro-Station mache ich mich mit dem System vertraut und fahre ein paar Stationen. Schwieriger ist es, den richtigen Ausgang zu erwischen, denn die Plätze sind riesig. Nach einem Nachtessen fahre ich mit der Metro in die Nähe von meinem Hotel und mache es mir im Zimmer gemütlich.

 

7. bis 10. Tag; 3. Februar 2015, Kiew, Hauptstadt, Ukraine

Bukarest  Mein Zug fährt erst am Abend, weshalb ich noch den ganzen Tag Zeit habe, etwas zu unternehmen. Den Vormittag verbringe ich im Zimmer am Notebook, da ich endlich rausgefunden habe, wie das mit den Fotos in Dreamweaver geht. Die Check-out Zeit verlängere ich bis ein Uhr, dann stehe ich fertig gepackt an der Rezeption, deponiere mein Gepäck und los geht’s. Ich betrete das imposanten Gebäude des „Muzeul Național de Istorie a României“ und löse ein Ticket. Nach dem schnellen Durchgang durch alte Steine und Mauerreste im Untergeschoss sowie Bildern und Kleider der Könige im Erdgeschoss, interessieren mich vor allem das Rumänien im Zweiten Weltkrieg und der Aufstand von 1989. Es wird mir erklärt, dass die restlichen Geschosse wegen „Renovationsarbeiten“ geschlossen seien und beim Nachfragen verstehe ich, dass dies, aus Geldmangel, noch Jahre so sein wird. Aber draussen (gratis) sei eine temporäre Ausstellung anlässlich 25 Jahre Revolution. Auf Plakatwänden sind eindrückliche Fotos zu sehen. Hätte gerne mehr über die Zeit des Diktators Nicole Ceaușceau erfahren, welche mit seinem Sturz und Hinrichtung im Dezember 1989 endete.
Trotz aufgesetzter Sonnenbrille entdecke ich das Fast Food Lokal mit dem gelben M sowie ein Relikt aus längst vergangener Zeit: "Since" wann gibt’s diese Kette eigentlich nicht mehr? Ich habe Hunger; in einem Lokal esse ich eine saure Kuttelsuppe. An den Tischen um mich herum wird geraucht; diese (Un)Sitte ist wieder gewöhnungsbedürftig. Noch ein bisschen herumbummeln und dann kehre ich zurück zum Hotel, bestelle ein Taxi und fahre zum Bahnhof (der Preis zurück ist auch diesmal viel günstiger. Ueli, das musst du noch verbessern!). Es ist immer ein erleichterndes Gefühl zu entdecken, dass der Zug, den ich nehmen möchte, auch existiert.

Im Zug  Ich gebe es zu, mit gemischten Gefühlen suche ich mein 4er Abteil in Wagen Nr. 1, welchen ich aber nicht an der Spitze des Zuges finde. Darin ist sich ein Student aus Lettland am Einrichten, der ein dreiwöchiges Praktikum in Chişinău absolvieren wird. Wie auch die beiden jungen Französinnen im Nachbarabteil, die für sechs Wochen in Moldawien als Krankenschwester tätig sein werden. Zu meiner (Jugend-) Zeit gingen viele junge Leute nach Israel um in einem Kibbuz zu arbeiten, heute profitieren auch andere Länder von diesen Tugend. Wie es sich herausstellt, sind wir die einzigen Passagiere im Schlafwagen. Das Bett muss selber gemacht werden, wir erhalten in Plastiktüten verpackte Bettwäsche. In Anbetracht der Wolldecken entschliesse ich mich, zum ersten Mal meinen Inlett Schlafsack zu benützen. Es ist sehr warm im Abteil, der Schlaf will nicht kommen. Gegen vier Uhr morgens wird geräuschvoll die abgeschlossene Abteiltür geöffnet, das Licht angemacht und irgendetwas, ich nehme an in Rumänisch, gesagt. Passkontrolle. Nach der Rumänischen fahren wir eine Station weiter und beim erneuten Halt kommt die moldawische Zollkontrolle. Danach werden wir lange herum manövriert bis es endlich weiter geht. Bis der Schlaf wieder kommt, dauert es noch ein bisschen länger.

Chişinău Am Bahnhof werde ich von Männern mit der Frage „Taxi?“ bedrängt. Ich will aber zuerst Geld aus dem Automaten holen, weshalb ich sie ignoriere. Später, mit 500 MDL (ca. 25 CHF) im Portemonnaie, wage ich mich vor den Bahnhof hinaus. Etwa den dritten Fragenden frage ich nach dem Preis zu meinem Hotel und lasse ihn den Betrag in meinem Currency Converter eintippen. Trotz den Hinweisen (Warnungen?) der anderen "Taxi Fahrer", „that‘s a bad man“, folge ich ihm zu, nein zu keinem angeschriebenen Taxi, zu einem Kastenwagen unbekannten Alters und Marke. Ich steige mit ein bisschen mulmigen Gefühl ein, welches noch verstärkt wird, als der Fahrer, natürlich während dem fahren, jemanden anruft und nach dem Weg fährt. Er fährt durch „komische“ Wege und kurz bevor ich überlege, wie ich aussteigen könnte, sind wir in der Strasse von meinem Hotel (das helle Haus in der Bildmitte), welches wirklich nicht nobel liegt. Später realisiere ich, dass dies hier Standard ist. Mein Zimmer ist nicht bereit, aber meine Tasche darf ich im Hotel lassen. Mit schwerem Herzen und noch schwererem Rucksack mache ich mich unmotiviert auf den Weg. Wohin? Ich habe nur den erhaltenen Stadtplan vom Hotel in den Händen und einen Hunger im Bauch (ich denke mit Wehmut an das bescheidene Frühstück im Zug nach Bukarest zurück). Um ehrlich zu sein, es gefällt mir nicht was ich sehe, und manchmal sehe ich auch nichts, weil es in den Unterführungen keine Lichtquellen hat. Schon beim Gedanken an die Velo-Reise 2006 meines Sohnes Daniel, mit dem Ziel Nordkap, bei der er nicht nur Moldawien bereiste, alleine, irgendwo draussen übernachtend, hyperventilieren meine Sicherheitsventile. Nach dem Frühstück (rund 4 Franken) besuche ich das „Muzeul Armatei Naţionale“ und danach das „Muzeul Naţional de Arheologie și Istorie a Moldovei“.
Zurück im Hotel bekomme ich sowohl mein Gepäck wie auch das Zugticket für morgen. Ich entschliesse, den restlichen Nachmittag wohlverdient in den „eigenen vier Wänden“ zu verbringen und nehme auch das Nachtessen im Hotelrestaurant ein.

 

Chişinău Mein Handy gibt ein Geräusch von sich, hervorgerufen durch eine WhatsApp-Mitteilung von Silvia. Die erhaltenen Worte sind so aufstellend, dass ich danach motiviert aufstehe, es ist kurz vor neun Uhr. Ich habe keine Eile, habe ich doch kein konkretes Programm, will einfach irgendwie die Zeit bis zur Abfahrt des Zuges um 20.40 Uhr durchbringen. Nach duschen und Haare waschen, packe ich meine sieben Sachen (es sind in Wirklichkeit ein paar mehr) und checke aus. Alle meine Wertsachen habe ich ausnahmsweise in meiner Reisetasche verstaut, die ich mit einem Schloss sichern kann. So sind sie besser aufgehoben als im Rucksack, den ich auch zurücklasse. Planlos schlendere ich durch die Strassen, durch Märkte, gehe in eine Kirche, besuche einen Friedhof und

zwischendurch wärme ich mich in Restaurants auf und chatte mit „meinen Töchtern", sehe dies und das, nichts spektakuläres, aber die Zeit vergeht.

Persönliches Ausgehend von der Erfahrung beim Packen, dass es nur für  eine limitierte Anzahl Unterwäsche, Socken, Hemden etc. Platz hat, rechnete ich mir zum Beispiel aus, wie lange ich die gleiche Unterhose ungewaschen trage muss, damit es bis zur nächsten Waschgelegenheit reicht. Ich kam auf drei Tage und halte mich bis jetzt an diese Vorgabe. Ich stelle fest, dass Hygiene nicht nur an den entsprechenden Stellen am Körper stattfindet, sondern vor allem auch im Kopf definiert wird. Ich praktiziere Körperpflege bei jeder sich bietenden Gelegenheit und habe nicht das Gefühl, dass ich rieche, habe allerdings keine Zweitmeinung eingeholt. Auf den mehrfach erhaltenen Ratschlag, dass ich die Unterhose ja auch wenden könne, musste ich noch nicht zurückgreifen. Im Hotel in Kiew werde ich meine bisher getragene Wäsche zum ersten Mal zum Waschen geben.

Im Zug Im Bahnhof von Chişinău angekommen (das bestellte Taxi kostete vom Hotel zum Bahnhof 20.55 Lei, dem wilden Taxifahrer bei der Ankunft bezahlte ich 80 Lei. Das muss sich ändern, Ueli!!!) stelle ich fest, dass es hier keine Anzeigetafeln gibt, dafür eine Ticket-Kontrolle beim Betreten des Bahnsteiges. Der Geste, seine Worte verstehe ich nicht, des mit Tarnanzug bekleideten Mannes entnehme ich, dass mein Wagen links vorne sein muss. Auf Gleis zwei steht bereits ein Zug. Ist es meiner? Ein Mann ruft mir etwas zu, ich mache auf hilflos und schon kommt er auf mein Gleis herüber (beachte: hier werden die Gleise noch überquert) und gibt mir zu verstehen, dass dies mein Zug ist und mein Wagen da vorne. Dort angelangt, zeige ich mein Ticket und stiege ein. Mit dem schweren Gepäck ist das immer eine turnerische Leistung, zum Glück bin ich in der Männerriege, denn die Einstiegshöhe ist bei Weitem nicht Bodeneben. Ich werde, wie es scheint, alleine im 4er-Abteil sein. Erst am Morgen treffe ich, zurück nach dem Frühstück im Restaurantwagen, einen pensionierten Amerikaner in meinen Abteil. Er lebt seit dreieinhalb Jahren in der Ukraine, es gefällt ihm und er will bleiben. Er ist auf dem Weg nach Kiew um endlich die endgültige Aufenthaltsbewilligung zu erhalten. Dafür gibt es drei Wege: Investition von Hunderttausend US-Dollar in ein Business, mit einer Ukrainerin verheiratet zu sein oder ein Kind zu adoptieren. Er hat sich für Variante zwei entschieden, hat aber "seine Frau" in dieser Zeit höchstens zwei, drei Mal gesehen.

Persönliches Wie ist es nun, im Zug, in der Nacht, wenn ich mal muss? Vom Prinzip her wie zuhause: Der erste Gedanke ist, muss ich wirklich? Wenn das Hinauszögern nichts bringt, aus dem Schlafsack schälen, die Freizeithose anziehen, in die Sandalen steigen, die Brille auflegen, abgeschlossene Türe entriegeln, durch den Gang zur Toilette gehen, Toilettentüre öffnen und danach verriegeln, wenn dies möglich ist, und schon kann’s losgehen … Hände waschen ohne abzutrocknen, das erhaltene Handtuch habe ich im Abteil gelassen, und danach das ganze Prozedere in umgekehrter Reihenfolge zurück. Es ist aber ein schönes Gefühl, wieder eingemummelt zu sein, ohne Blasendruck, und mit der Hoffnung, der Schlaf komme gleich wieder, trotz dem Rattern der Räder.

Kiew Nach der rund 17stündigen Zugfahrt komme ich in Kiew an, verabschiede mich vom Amerikaner, wünsche im Glück für das Permit, suche einen ATM um Bargeld zu beziehen und gehe auf ein angeschriebenes Taxi zu (Ueli, jetzt aber aufpassen!). Das nachgefragte Taximeter entpuppt sich als GPS-gesteuertes App in seinem mobilen Telefon. Mir soll es recht sein. Beim Hotel angekommen, staune ich über die Aussicht vom Balkon.

Auf dem Weg zum „Maidan Nezalezhnosti“, der Platz vor meinem Hotel, komme ich an persönlichen Gedenk-Erinnerungen an Opfer des Krieges vorbei.

Grosse Fotos aus dem Kriegsgebiet im Osten des Landes sind auf dem Platz ausgestellt, der zum Treffpunkt der Menschen wird, um hier gemeinsam zu beten und zu diskutieren. Die Stimmung ist beklemmend und mir wird fühlend bewusst, dass ich in einem Land bin, das durch den Bürgerkrieg schwere Zeiten durchmacht. In meinem Hotel ist ein "Ukraine Crisis media center" eingerichtet, wohl eine nicht so schwer klingende Bezeichung für das was in der Ukraine passiert.


Schön beleuchtete Gebäude strahlen in der Nacht.
Ich entscheide mich, diesen Schalter nicht zu benutzen, vorsichtshalber den Stecker zu ziehen und ohne Nachttischlampe auszukommen.

Gute Nacht.

 

11. Tag; 4. Februar 2015, Kiew, Ukraine

Jedes Mal wenn ich mir beim Frühstücken etwas hole und zurück an den Tisch komme, ist mein vorheriges Geschirr und Besteck vollständig weggeräumt. Dafür hat es auf dem Tisch jede Menge Besteck. Nun ja, ich muss ja nicht abwaschen

Begegnungen mit Menschen macht ein grosser Teil auf Reisen aus, mal sind es erfrischende Momente, manchmal amüsante und manchmal auch ärgerliche. Als ich endlich einen Lift für den 9. Stock erwische, gibt es einen Zwischenstopp, eine ältere Zimmer-Reinigungsfrau mit zwei jungen Nachwuchs-Girls im Schlepptau, betritt den Lift, schaut mich an, sagt mit resoluter Stimme etwas, drückt auf den roten Knopf, damit fällt mein gedrückter neunter Stock raus, und sie drückt ihr gewünschtes Stockwerk. Ich schmunzle, denn nach Jahrzehntelangem, kommunistischen Führungs- und Lebensstill dauert es halt, bis eine Dienstleistungsorientierte Arbeitsweise gelebt wird. Ihr wird kaum bewusst sein, dass ich als Gast einen Teil ihres Lohnes bezahle. Der Kunde ist hier noch nicht überall König.

Vorgestern Nacht, bei der Ukrainischen Passkontrolle im Zug, staunte ich nicht schlecht, stand doch eine junge, hübsche, blonde Frau in einem, ein bisschen zu engen, Tarnanzug vor mir. Kaugummi kauend beäugte sie meinen Pass, währenddessen ich sie von oben bis unten beäugte. Gerne hätte ich ein Foto von ihr gemacht, wagte nicht, fragte auch nicht (gäu Vätu, du hätsch eis gmacht …).


Stadtbesichtigung ist angesagt. Nun sehe ich die schönen Gebäude im Tageslicht.

 

 

Dazwischen gibt es auch neue, moderne Häuser. Als Espresso-Trinker liebe ich die Kaffee-Autos, die es überall am Strassenrand gibt, eine tolle Einrichtung. Zudem tut eine Erwärmung gut.

Danach gehts zurück ins Büro in meinem Hotelzimmer.

 

 

 

 

Persönliches Meine „Hightech“-Ausrüstung nützt mir nichts, wenn sie nicht einsatzbereit ist. Deshalb starte ich jeweils die Auflade-Prozedur, sobald ich im Hotelzimmer bin. Oftmals sind vier Geräte gleichzeitig am Strom (geht jetzt noch, da ich von den beiden Weltsteckern erst denjenigen für das Notebook benötige): iPhone ans weisse Kabel anschliessen; Batterie in der Kamera auswechseln und die Benutzte ins Ladegerät; zum ersten Mal benütze ich ein PocketBook, möchte es schon nicht mehr missen, aber auch dieses benötigt Strom; wenn ich mit dem Notebook im Zimmer arbeite, hänge ich auch dieses ans Stromnetz an.

 

12. bis 13. Tag; 6. Februar 2015, Warschau, Hauptstdt, Polen

Heute heisst es wieder packen, auch meine drei wasserdichten Beutel. Im Blauen sind mein Notebook sowie die ausgedruckten Reiseprogramme; sein Platz ist im Rucksack. Im Gelben sind sämtliche Auflade- und Verbindungskabel sowie die beiden Universal-Stecker; er liegt in der Reisetasche. Im kleinen Grünen (war schon mit mir in Madagaskar) sind Notizblock und Schreibzeug, PocketBook, Stirnlampe, Ersatzbrille und Schloss mit Stahlkabel; verstaut in der oberen Tasche vom Rucksack.

Das Gepäck kann ich sicher im Hotel deponieren, es steht nichts mehr im Wege, mich hinaus ins Schneegestöber zu wagen. Ich nehme die Metro unter dem Platz vor dem Hotel, kaufe zwei Jetons und fahre mit der Rolltreppe tief nach unten. Mein Ziel liegt nur zwei Stationen weiter und um ein paar Ecken herum. Mit eindrücklichen Bildern und Modellen wird versucht, die Nuklearkatastrophe von 1986 in Erinnerung zu halten.

 

 

 

Seit Bukarest werden meine Zugtickets jeweils bei den Hotelrezeptionen hinterlegt, so auch für meine Weiterreise Kiew–Warschau, diesmal in einem 3-Bettabteil. Zwei Frauen mit Gepäck sind bereits darin - wo hat es noch Platz für mich und mein Gepäck? Wie es scheint, haben die beiden das falsche Abteil erwischt, welches ich schlussendlich für mich alleine habe, worüber ich nicht unglücklich bin. Die Zugreise ist lang, 16 Stunden, die Nacht auch. Der Grenzübertritt findet so gegen drei Uhr statt. Die Pässe werden von einer wiederum hübschen Zollbeamtin eingesammelt und dann wird der ganze Zug in eine Halle gefahren, mit Foto- und Video-Verbotstafeln geschmückten Wänden. Wegen dem Wechsel von Breit- auf Normalspur müssen die Fahrgestelle der Wagen ausgetauscht werden, was seine Zeit dauert. Endlich geht’s weiter und ich erhalte meinen Pass zurück. Kurze Zeit später die Polnische Grenzkontrolle. Mein Pass wird in ein mobiles Gerät eingescannt und als in Ordnung befunden. Dann kommt eine gut gebaute Zöllnerin vorbei und spricht auf mich ein. Ihren Gesten entnehme ich, dass sie am Inhalt meiner Reisetasche interessiert ist. Ich öffne das Zahlenschloss und die Tasche und hoffe, dass sie nicht meine Ordnung in eine Unordnung verwandelt. Sie ist gnädig und lässt es bei einigen Kontrollgriffen sein. In Warschau fahren wir unterirdisch ein und es hat Rolltreppen! Die zweite Überraschung dann der Taxichauffeur, der die Kofferraumklappe wieder schliesst als er mein Ziel hört. Mein Hotel liege nur rund 300 Meter vom Bahnhof entfernt. Es gibt sie also doch noch.

Wenn ihr bei den nachstehenden vier Fotos genau hinschaut, entdeckt ihr sicherlich die paar Unterschiede zwischen den Schlafstätten und Waschgelegenheiten der Nächte 12 und 13 ...

 

 

 

 

 

 

Persönliches Vom Typ gehöre ich zur Spezies der Ordnungsliebenden (homo frugalis oder so). Während meiner beruflichen Tätigkeit war ich es mir auch gewohnt, alles immer am gleichen Ort zu versorgen (bin halt zu faul um zu suchen). Dieses Vorgehen wende ich auch bei meiner Tasche, meinem Rucksack und meinen auf dem Körper tragenden Kleidern an. Und doch ist es mir passiert, es liegt schon einige Tage und Städte zurück. Kaum im Taxi losgefahren, prüfe ich mein Portemonnaie, aber oh Schreck, ich fühle es nicht dort wo es sein sollte. Aufgeregt instruiere ich den Chauffeur, dass wir zurück zum Hotel müssen. In Sekundenschnelle sehe ich all die Unannehmlichkeiten auf mich zu kommen, die der Verlust nach sich zieht. Ich gehe die letzten Minuten im Hotelrestaurant durch und … finde das Gesuchte in der Hemdentasche. Erleichtert gebe ich dem Chauffeur die wieder geänderten Koordinaten durch.

Ich schlendere zur und durch die Altstadt, die aber um diese Zeit noch nicht aktiv ist.

Das Pawiak Gefängnis, die ersten Gefangen kamen 1835, welches wie so vieles im Zentrum von Warschau, nach der planmässigen Zerstörung der deutschen Besatzern, stilgetreu wieder aufgebaut wurde, hat eine düstere Vergangenheit und wurde auch von der Gestapo benutzt.

Ich entschliesse mich, zurück ins Hotel zu gehen und esse im Restaurant (ich mag wirklich nicht mehr ausgehen) ein Polnisches Menü.

 

14. Tag; 7. Februar 2015, Warschau, Polen

20.83 CHF = 300.00 UAH = 30.30 PLN = 7.88 CHF. Wie das? Vor der Zugabfahrt in Kiew beziehe ich 300 Hrywna (UAH) vom Automaten, die meinem Konto mit rund 21 Franken belastet werden, in der Hoffnung, diese in ein Nachtessen im Restaurantwagen zu investieren. Da ein solcher Wagen in meinem Zug inexistent ist, komme ich am nächsten Tag in Warschau hungrig und mit dem unbenützten Geld an. In einer Wechselstube wechsle ich deshalb die ukrainischen Hrywna in polnische Zloty und bekomme 30.30 PLN, was rund 8 Franken entsprechen. Nach meinem fragenden Blick auf die wenigen Zloty erhalte ich die Erklärung „Ukraine no good money“ …

Heute besuche ich das Muzeum Powstania Warszawskiego, welches den Warschauer Aufstand, auf interessante, multivisuelle Art, thematisiert. Sehr eindrücklich, und nachdenklich stimmend, ist der 3D-Flug über das zerstörte Warschau im Frühling 1945.


Danach gehe ich zügig, es ist kalt und windig, zur Altstadt, da dort die Startpunkte von der Organisation „Free walking tour“ sind. Ich entscheide mich für die rund zweistündige Tour „Jewish Warshaw“. Da wir immer wieder stehen bleiben und den Erklärungen des Studenten zuhören, spüre ich langsam die Kälte.


Danach gehe ich zurück ins Hotelzimmer um mich aufzuwärmen.

 

15. bis 16. Tag; 9. Februar 2015, Minsk, Hauptstadt, Weissrussland

Heute ist wieder ein herausfordernder Tag: Check-out ist um 12 Uhr, draussen ist es unfreundlich und unter null, meine Laune übrigens auch, und mein Zug nach Minsk fährt erst um 21.10 Uhr ab Bahnhof Warszawa Centralna.

Ich gehe zum Hop-On - Hop-Off Stopp in der Nähe meines Hotels. Der Bus sollte um 12 Uhr kommen und, er kommt auch. Ich kaufe mir ein Ticket, steige in das obere Deck hoch, setze mich ganz vorne hin, stülpe den Kopfhörer über und stelle auf den deutschen Sprachkanal ein. Ich fahre vorerst die ganze Tour ab, die rund eine Stunde dauert, und entscheide mich danach, nochmals mehr als die Hälfte anzuhängen, um bei der Universität auszusteigen. Der Bus fährt im Sommer oben ohne, deshalb besteht das Dach nur aus Stoff. Langsam aber sicher spüre ich die Kälte, die weder für meine Blase noch für meine Stimmung förderlich ist. Zudem, kaum steige ich aus, beginnt es zu schneien. Nun reicht’s, ich gönne mir einen Spiced Chai Latte in einem Costa Coffee. Kaum wärmt sich mein Körper auf und die Wohlfühl-Wirkung des Chai beginnt zu wirken, scheint draussen die Sonne an einem nun blauen Himmel.

Ich bummle über den Boulevard, kreuz und quer durch die Altstadt, sehe dies und das,

altes und junges.

Meine Stimmung ist längst besser geworden, spüre ich deshalb einen Hunger? Also Augen auf nach einem Restaurant, das die polnische Zurek Suppe (mir schmeckt diese Sauermehlsuppe, mit Wurststücken und Eiern, ausgezeichnet) und einen Free Wi-Fi Kleber an der Türe hat. Ich finde das eine und andere, aber nicht die gewünschte Kombination. Ich verzichte deshalb schweren Herzens auf die Zurek.

Endlich, stelle ich fest, ist es an der Zeit das Gepäck im Hotel zu holen und zu Fuss zum Bahnhof zu gehen. In Wirklichkeit ist es viel zu früh. Also prüfe ich im Bahnhof alle fünf Minuten, ob sich am angegebenen Perron nichts geändert hat. Aber die Warterei hat ein Ende. Der Zug fährt ein, ich finde Wagen Nr. 1 und mein Abteil, wo ich einen jungen Weissrussen antreffe, der in Warschau studiert und für einen Besuch nach Hause fährt. Bei der polnischen Grenzkontrolle kurz nach Mitternacht, wir haben schon geschlafen, der Weissrusse in der Mitte, der Schweizer unten, steigt ein Pole zu und steigt ins oberste Bett hoch. Nun ist unser 3er-Abteil ausgebucht. Der Pole geht mit einigen Kollegen zu einem internationalen Dance Festival nach Minsk, nicht als Tänzer und auch nicht als Zuschauer; er sei für die Licht-Technik zuständig, erklärt er mir.

Die Weissrussische Grenzkontrolle eine Station weiter, dauert wie erwartet länger, da alle Zugspassagiere die Pässe abgeben müssen. Das für Schweizer nötige Visum habe ich natürlich im Voraus eingeholt. Meine grösste Tasche sticht dem Zöllner ins Auge. Ich öffne die Tasche, er vergräbt eine Hand darin und stösst natürlich auf etwas Hartes. Ich sage Medikamenti, muss trotzdem die Gefrierbox hervornehmen und öffnen. Er schaut die Medi‘s an, nimmt eine Packung in die Hände worauf ich Malaria sage. Er sagt etwas und bedeutet mir, alles so liegen zu lassen. Ein zweiter Zöllner kommt vorbei, schaut sich das Ganze an, ich wiederhole wieder Malaria, bei den vielen gleichen Schachteln die er in den Händen hält, und bekomme grünes Licht. Ich atme erleichtert auf.

In Minsk angekommen entdecke ich im Bahnhof ein Tourist Büro, wo ich auf meine Fragen nur ein No English und einen Stadtplan erhalte. Als ich ihr den Namen meines Hotels sage, findet sie das Hotel auf dem Plan und erwähnt die Metro. Ich nehme diese Herausforderung an und folge den entsprechenden Wegweisern. Beim Tickethäuschen zeige ich meine Ziel-Metrostation, erhalte einen Jeton, viel Wechselgeld und einen Schwall Russischer Wörter, die ich leider trotz meines Russisch Unterrichtes, sorry Natalie, nicht verstehe. Erlebte und schmerzlich gefühlte Erfahrungen später, meine Knie sind nicht mehr zum Lasten tragen geeignet, weiss ich, was sie mir sagte: „Es gibt keine direkte Linie zu ihrem Ziel, sie müssen umsteigen. Es ist zudem Rush Hour. Im übrigen gibt es keine Rolltreppen, mindestens nicht in der Richtung die sie nehmen müssen, soviel zu ihrem schweren Gepäck“. Wieder am Tageslicht angekommen werde ich von fantastischem Wetter begrüsst, blauer Himmel, Sonnenschein und Schnee

(das letzte Gebäude hinten links ist mein Hotel). Nach einem freundlichen Empfang im Hotel, installiere ich mich im Zimmer und kurz darauf stehe ich wieder draussen und marschiere los.

Das fehlende Frühstück macht sich bemerkbar. Ich entdecke ein mich ansprechendes Restaurant und bestelle, nach einigen „onions“-Abklärungen, Bulbianiki, welches sehr lecker ist.

 

17. Tag; 10. Februar 2015, Moskau, Hauptstadt, Russland

Letzter Tag der ersten Etappe, Cham-Moskau.

Gestern Abend habe ich im Hotelrestaurant gegessen. Nicht, dass mich die Atmosphäre des Restaurant überwältigt hätte, nein im Gegenteil. Es lag auch nicht am vielseitigen Angebot vom Yubileiny Hotel:

Weder hatte ich Lust auf „Sabrina“, noch brauchte ich „Cleopatra“. Texas will ich sicher kennenlernen, aber vorzugsweise das Original. Alleine Bowling spielen? Lediglich ins Casino habe ich kurz meine Nase gesteckt, wurde an der Türe umgehend gefragt, was ich spielen möchte, und zog sie Restaurant brummelnd wieder zurück. Nein, es war die Bequemlichkeit, hatte keine Lust, nochmals nach draussen zu gehen. Zum ersten Mal auf meiner Reise stellte ich den Wecker, darf ich doch keinesfalls die Abfahrt meines Zuges um 8.59 Uhr nach Moskau verpassen.

Nach dem Frühstück investiere ich fünf amerikanische Dollars um mit dem Hoteltaxi zum Bahnhof chauffiert zu werden. Am Bahnhof kaufe ich mir eine Flasche Wasser. Als Not Vorrat, für den Fall der Fälle, habe ich von gestern vier übrig gebliebene kleine Mandarinen im Rucksack. Der Zug fährt langsam ein, praktisch, so kann der gesuchte Wagen besser ausfindig gemacht werden.

Meiner ist wieder ein Schlagwagen. Ich öffne das Abteil. Verbrauchte Luft kommt mir entgegen. Im Abteil sitzt ein Passagier, der die Nacht darin verbracht hat, spricht aber kein Englisch. Als er beim Wagenbetreuer einen Kaffee bestellt, frage ich nach einem „Pectopaн“ und bekomme ein „Njet Restoran“ zu hören (nun ja, Früchte sind gesund, aber so kleine?). Ich bestelle mir auch einen Kaffee. Dieses Konzentrat mit allem drin, schmeckt sogar mir als Espresso Trinker, eine Frage der Einstellung, und kostet 5‘700 BYR, rund 35 Rappen. Sonniger, blauer Himmel, verschneite Erde, kleine Häuser, viel Wald, mehrheitlich mit meinem Lieblingsbaum, der Birke, so präsentiert sich die Natur. Schön. Der erste Passagier ist irgendwo ausgestiegen und irgendwo kam wieder ein nicht Englisch sprechender Passagier ins Abteil, welches er auch irgendwo wieder verlassen hat. Dann bin ich wieder alleine.

Zwischendurch lege ich mich hin, habe ja Bettwäsche erhalten. Gemäss dem SMS der Swisscom, und angezeigter Telefongesellschaft, bin ich längst in Russland. Zwei Mandarinen, einem weiteren Kaffee (diesmal mit 30 Russischen Rubel bezahlt) und 8 Stunden später, ich sitze am Notebook und schreibe diesen Bericht, sind meine bohrenden Fragen noch immer unbeantwortet: Wieso gab es keine Passkontrolle? Wieso musste ich bei der Einreise nach Weissrussland ein Ausreiseblatt ausfüllen, wenn niemand dieses abgestempelte Papier sehen will? Wieso kann ich mein Visum für Russland niemandem zeigen?

Noch zwei Stunden bis zur Ankunft in Moskau. Ich habe Hunger. Mandarine Nummer drei wird geopfert. Heute Abend werden sich Wolfi (René) und ich im Hotel Budapest treffen, dann beginnt unser gemeinsames Abenteuer auf der längsten Bahnstrecke der Welt, mit dem Kennenlernen von fünf russischen Städten. Was wir dabei erleben, steht unter Transsib.

 

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