"Das Guča-Trompetenfestival ist das grösste seiner Art in Europa sowie eine der bedeutendsten Musikveranstaltungen Südosteuropas und die grösste in Serbien. Das Festival findet alljährlich drei Tage und Nächte, immer im Monat August, in Guča in der Moravica statt und lockt mehrere hunderttausend Besucher aus dem In- und Ausland an. Im Jahr 2009 erreichte das Festival einen Rekord von über 500.000 Besuchern. Eine Besonderheit und Publikumsmagnet dieses Festivals sind die zahllosen inoffiziellen unverstärkten und spontanen Auftritte der Künstler auf den Strassen und in den Gaststätten und Bierzelten von Guča. Hierbei spielen die Musiker meist gegen direkte Bezahlung von Gastwirten oder aus dem Publikum: Zumeist werden den Künstlern Geldscheine in die Instrumente gesteckt bzw. an die schweißnasse Stirn geklebt."
Guça? Wo liegt den das? Tröstet euch, bis zu meiner Töff-Reise durch Ladakh im 2018 habe ich auch noch nie davon gehört. Christian, ein Motorradfahrer in der damaligen Gruppe, hat mir davon erzählt, geschwärmt, mich neugierig gemacht. Später habe ich mich über dieses Trompetenfestival informiert - Google sei Dank - und der Gedanke reifte zur Reiseidee. Bei der Planung stiess ich auf
Martin-Luther-Strasse 45, D-10779 Berlin-Schöneberg, +49 (0)30 21 969 272, info@schneewittchenreisen.de, www.schneewittchenreisen.de,
welche nebst Privatunterkunft in Guça auch zwei Ausflüge anbieten. Ein paar e-Mails später habe ich gebucht.
Mittwoch, 7. August 2019, Cham - Guça, Serbien
"Privater Transfer vom Flughafen Belgrad direkt nach Guça. Begrüssung in unserem Privatquartier mit selbstgemachtem Schnaps, unserem Šljivovica. Abends entdecken wir gemeinsam das Dorf Guça und gewinnen erste unvergessliche Eindrücke."
Als ich zu Hause Reisefertig vor die Türe trete, beginnt es zu regnen. Also zurück in die Wohnung und einen Schirm holen um trocken zum Bahnhof zu gelangen; bis zum Rückreisetag bleibt er dann allerdings unbenutzt im Gepäck.
Mit rund 20 Minuten Verspätung startet der vollbesetzte Airbus A320 zum rund 1 3/4 stündigen Flug nach Belgrad. Nach der Entgegennahme meiner Reisetasche schiebe ich beim Automaten 100 Euro rein und erhalte dafür 11'500 Serbische Dinar.
Danach treffe ich Snežana, was in Serbischer und Bosnischer Sprache "Schneewitchen" bedeutet, sowie die übrigen 14 Teilnehmer der Gruppe. Wir laden das Gepäck in einen Bus und steigen in einem anderen ein. Um 14.50 Uhr fahren wir los ... aber schon nach 5 Minuten gibts auf einem Parkplatz bei einer Raststätte einen Halt. Schneewitchen verteilt Becher und schenkt Sliwowitz ein und heisst uns - Dobro došli - willkommen. Das kann ja heiter werden!
"Sliwowitz ist ein Obstbrand aus Pflaumen. Der Name ist vom slawischen Wort sliva für Pflaume abgeleitet. Andere gebräuchliche Schreibweisen sind: Slivovic, Slibowitz, tschechisch slivovice, slowakisch slivovica, slowenisch slivovka, serbisch, kroatisch šljivovica, polnisch śliwowica, ungarisch sligovica, bulgarisch сливовица/slivoviza. Der Alkoholgehalt beträgt mindestens 40 Volumenprozent. Sliwowitz gibt es in zwei Farben. Gold: gelagert in Fässern, gelblich gefärbt und aromatisiert durch das Holz, aus dem die Fässer hergestellt wurden. Weiss: gelagert in Flaschen, farblos. Außerdem ist es von Bedeutung, welche Holzart man für die Fässer verwendet. Meistens sind es Eichenfässer, wobei Robinienfässer sehr zu bevorzugen sind, da diese dem Schnaps eine ganz spezielle gelbe Farbe verleihen. In Serbien wird der Šljivovic auch bevorzugt in Fässern aus dem Holz des Maulbeerbaums gelagert. Durch die Beliebtheit des Getränkes findet man vor allem in ländlichen Gebieten viele Schwarzbrenner."
Nach dieser Einführung fahren wir noch gut eine Stunde. Bei einem Restaurant halten wir zum Essen. Ich entscheide mich für Ćevapčići, gegrillte Röllchen aus Hackfleisch, welche in Serbien und den umliegenden Ländern als Nationalgericht gelten. Alle staunen über die grossen Portionen. Für mein Essen inkl. einem kleinen Bier und einem Espresso bezahle ich etwas über 900 Dinar, rund 9 Franken.
Vor der Weiterfahrt "müssen" wir nochmals die Becher hinstrecken und uns für das erste Gruppenfoto aufstellen.
V.l.n.r.: Uwe, Gundis, Andreas, Gerd, Josina, Birgit, Emilia, Andrea, Oliver, Snežana, Mario, Sebastian, Iris, Gerhardt und Ueli (es fehlt Sabine).
Um zwanzig Uhr erreichen wir Guça und unser Haus, wo wir die nächsten Tage logieren werden. Das Gastgeber-Ehepaar Simunida und Radoje offeriert Kaffee und ... Sliwowitz. Mir mundet dieser Schnaps überhaupt nicht, deshalb werde ich künftig auch mal nein sagen. Snežana nimmt die Zimmerzuteilung vor und verkündet, dass wir um neun Uhr ins Dorf laufen um einen ersten Eindruck zu erhalten. Nach dem Zimmerbezug gehe ich kurz zur nahen Tankstelle um Mineralwasser zu kaufen. Dort gibt es WiFi, im Haus hingegen nicht. Zwischenzeitlich ist Sabine zu uns gestossen, die mit dem Auto aus Deutschland angereist ist.
Im Dorf ist noch nicht viel los. Viele Stände sind noch leer oder noch gar nicht aufgebaut. Es hat aber bereits einige Grillstände und Bierausgabestellen. In einem Restaurant kehren wir ein. Iris und ich teilen uns eine Apéro-Platte, da wir nicht wirklich Hunger haben. Dazu trinken die meisten Bier (wird nicht geteilt). Zwei Musik Bands spielen auf - eine davon waren Festival-Sieger 2017 - und geben uns so einen Vorgeschmack auf das, was wir die nächsten Tage und Abende zu hören bekommen.
Donnerstag, 8. August 2019, Guça - ein kleines Dorf hebt ab
"Nach der Eröffnung des Festivals haben wir Zeit uns langsam auf das «Guça-Feeling» einzustimmen. Wir können Blasmusiker bei ihrer Vorbereitung auf ihren grossen Auftritt erleben und an zahlreichen Ständen landestypische deftige Koste probieren. Wer möchte, ist herzlich willkommen mit uns ein gemeinsames Abendessen in einem urigen Restaurant zu geniessen, natürlich begleitet von dem Temperament der Trompeten."
"Guča ist ein Ort in der Gemeinde Lučani im Westen von Serbien mit etwa 2000 Einwohnern. Bekannt ist die Stadt hauptsächlich durch das dort seit 1961 jährlich stattfindende Guča-Trompetenfestival. Zu diesem treffen sich, jeweils im Monat August, die besten Blasorchester des Landes sowie hunderttausende Besucher aus dem In- und Ausland."
Heute habe ich jede Menge Zeit, keine Fixpunkte. So gehe ich den Tag gemütlich an und stehe erst um 9 Uhr auf. Das Duschen im gemeinsam benutzten Badezimmer ist eine Herausforderung, will ich doch wegen dem fehlenden Vorhang keine Überschwemmung verursachen. Eine halbe Stunde später treffe ich unten ein paar der Gruppe, welche beim zmörgele sind. Der Hausherr offeriert einen Šljivovic, welchen ich dankend ablehne. Ich verabschiede mich bei den anderen und laufe ins Dorf, auf der Suche nach einem Café. Fündig geworden, geniesse ich zwei Doppio Espresso und bezahle dafür je 150 Dinar (1.40 CHF). Danach bin ich bereit für den ersten Durchgang durchs Dorf.
Es werden weiter Stände aufgebaut, die Grills sind nun mit Kohle gefüllt ...
Eintöpfe köcheln vor sich hin und ...
Spanferkel und Schafe drehen friedlich nebeneinander am Spiess.
Es ist schon sehr warm, Tendenz heiss, und ich habe mein Cap nicht dabei. Eine erste Musikgruppe kommt mir entgegen.
In Guça gibt es ein Museum, natürlich ein Trompenten-Museum, welches ich besuche. Anhand von Bildern und Texten (leider nur in Serbisch) werden Traditionen vorgestellt, welche schlussendlich im Trompeten-Festival mündeten, welches im Jahre 1961 zum ersten Mal stattfand.
Danach laufe ich zur Tankstelle zurück - Wifi-Bedarf - und treffe dort auf Snežana, alias "Schneewittchen". Ich gebe ihr meinen Pass ab, da sie die Gruppe bei der Polizei anmelden muss. Um elf Uhr sind drei gewaltige Kanonenschüsse zu hören, das Festival ist damit offiziell eröffnet. Ich setze meinen Streifzug fort und halte Entdecktes fest.
Klar diskutiere ich mit dem Polizisten über Motorräder. Die Polizei markiert Präsenz, patrouilliert zu zweit oder in grösseren Gruppen.
Klar sprechen mich einige der angebotenen Drinks an, aber nicht zu dieser frühen Stunde. Was nicht ist, kann ja noch werden.
Nur unter allergrösster Überwindung sind diese Zwiebel-Fotos entstanden.
Irgendwann kaufe ich an einem Stand ein flaches Stück Fleisch welches in ein Fladenbrot gelegt wird, das mit Beilagen und Saucen selber garniert werden kann. Ich laufe essend zur Unterkunft und lege eine kreative Pause ein.
Gegen 16 Uhr ziehe ich wieder durch die Strassen. Es hat nun mehr Leute, ist aber noch nicht eng zum durchkommen. Auf Plätzen und in den Strassen gibt es Konzerte.
Andere Länder, andere Sitten: Ein paar Schläge mit einem grossen Schlachtbeil und der Schafskopf ist ab, wird eingepackt und verkauft. Zufrieden, wies es scheint, geht die Kundin weiter.
Es wird nicht nur Bier und Fleisch verkauft.
In einem Zelt setze ich mich hin und bestelle von einem dieser Eintöpfe. Ich erhalte Kartoffeln, Karotten und Fleisch. Es schmeckt sehr lecker. Eine „Zigeunermusik“ spielt im Zelt: Elektrische Geige, Handorgel, Schlagzeug und Keybord. Tönt gut, ist aber sehr laut!
Um 20.30 Uhr beginnt auf der Hauptbühne bei der Kirche das Konzert von Saša Krstić, einem Trumpet Master. Der Zugang zum Gelände wird kontrolliert. Ein Security prüft mich und meine Kameratasche.
Klar doch, nehme ich das eine und andere Bier, aber mit weniger Schaum. Ich lasse mich vom Geschehen treiben und geniesse die friedliche Stimmung. Zwischendurch kaufe ich in einem Supermarkt Mineralwasser und kalten Kaffee für morgen ein.
Später, zurück im Zimmer, höre ich immer noch Musik. Sie kommt von einem Restaurant bei der Brücke, gegenüber der Tankstelle, welche der Lautstärke kein Limit gibt.
Freitag, 9. August 2019, Guça, sowie Ausflug Ethno-Dorf & Zugfahrt
"Optionaler Ausflug nach Mokra Gora, ein Ort zwischen dem Nationalpark Tara und dem Zlatibor-Gebirge, inkl. Zugfahrt mit der historischen Schmalspurbahn «Šargan 8» und Besuch des Ethno-Dorfes von Emir Kusturica. Krönender Abschluss ist ein serbisches Mittagessen inmitten einer oasengleichen Kulisse, in der Sie auch die Möglichkeit für eine Abkühlung haben. Abends sind wir rechtzeitig in Guça zurück, um die brodelnde Stimmung in uns aufzusaugen."
Um 7 Uhr erschallen drei Kanonen-Schüsse und lassen mich wach werden, dabei habe ich meinen Wecker erst auf 8 Uhr gestellt. So stehe ich halt früher auf, auch um dem Stau im Bad zu umgehen. Da ich genügend Zeit habe, wasche ich mir die Haare; ich kann das ohne den Boden zu überfluten. Im Zimmer trinke ich einen der gestern gekauften kalten Kaffees, die ich über Nacht in den Kühlschrank im Korridor gestellt habe. Danach steige ich die Treppe runter. Unten werde ich nach Kaffee und Sliwowitz gefragt. Zum Kaffee sage ich ja. Die Tasse, die mir die Gastgeberin bringt, ist mit einer schwarzen, heissen Brühe gefüllt. Bei jedem Schluck trinke ich Kaffeepulver mit. Verstohlen schaue ich mich um. Die einen nehmen Milch und Zucker, rühren und warten zu mit Trinken, die anderen trinken ihn schwarz. Nach ein paar kleinen Schlückchen mehr, stehe ich auf, gehe zum Waschbecken und leere die Tasse aus. Извините драги људи - Izvinite dragi ljudi! Ich spüle die Tasse und stelle sie zum anderen Geschirr zum trocknen. Danach laufe ich kurz zur Tankstelle um die Post zu checken. Soll ich noch auf einen Espresso ins Dorf gehen? Schneewitchen hat gestern erwähnt, dass wir unterwegs einen Halt machen um zu frühstücken; so lasse ich es bleiben.
Um 9 Uhr fahren wir mit dem gleichen Bus, sowie Milan, dem selben Chauffeur, los. Es geht Richtung Grenze zu Bosnien-Herzegowina. Aus der Gruppe machen 11 von 15 den Ausflug mit. Snežana gibt uns Informationen zum heutigen Ausflug. Die Fahrt ist schön, führt durch eine gefallende Gegend, Schwarzwald-ähnlich, wie Schneewitchen immer wieder betont. Ausser bei der Durchfahrt von Užice, einer Stadt mit vielen Hochhäusern und einer Waffenfabrik, die es seit Tito's Zeiten gibt. Nach rund eineinhalb Stunden halten wir in einem Restaurant um zu frühstücken. Gut gestärkt fahren wir um 11.40 Uhr weiter zum Tourist Resort Mećavnik von Emir Kusturica.
"Emir Kusturica, seit seiner serbisch-orthodoxen Taufe 2005 auch: Nemanja Kusturica (* 24. November 1954 in Sarajevo, Jugoslawien) ist ein Filmregisseur und Musiker aus Bosnien und Herzegowina mit serbischer und französischer Staatsbürgerschaft. Er lebt heute in Belgrad, Paris und in dem von ihm konzipierten, aus Holzhäusern bestehenden Dorf Drvengrad (mit dem Hotel Mećavnik), das er selbst Küstendorf nennt, nahe der serbischen Ortschaft Mokra Gora."
Schneewitchen gibt uns genügend Zeit, um durch das Dorf zu schlendern. Für mich wirkt es wie eine Mischung aus Freilichtmuseum und Hotel Resort, gespickt mit sowjetischen Überbleibsel.
Ein Wolga (eine bis 2010 produzierte russische, vormals sowjetische Automarke).
Um 13 Uhr fahren wir weiter, zum nahe gelegenen Bahnhof der Šarganska osmica, der Šarganbahn ("sinngemäss wäre der Name „Šarganska osmica“ am ehesten mit „Šarganer Achter“ zu übersetzen"). Im Tunnel nach dem Eingang zum Bahnhof, ist die Entstehungsgeschichte der Bahn mit Bildern dokumentiert.
Die Strecke wurde am 25. Januar 1925 eröffnet und am 28. Februar 1974 stillgelegt. Ab 1999 wurde sie als Museumsbahn und Touristenattraktion renoviert, instand gestellt und am 30. August 2003 war die Wiederinbetriebnahme. Sarganska osmica: Spurweite: 760 mm (Bosnische Spur), Maximale Neigung: 18 ‰, Minimaler Radius: 120 m. Die Streckenführung zeigt, woher der Name "Šarganer Achter" (Saraner Eight) kommt.
Die Zugfahrt dauert rund 2 Stunden, teilt uns Snežana mit. Es hat zu wenig Sitzplätze, deshalb stehe ich draussen auf der Plattform und auf dem Übergang zum nächsten Wagen, wo die Temperatur angenehmer ist als drinnen im Wagen.
Gut gemacht, Schneewitchen, so weiss ich immer, wo diese Aufnahme entstanden ist.
Мокра Гора = Mokra Berg.
Wir fahren ohne Halt durch die rund 20 Tunnels, auch 180° Kehrtunnelns, bis zur Passhöhe hoch. Dabei gibt es leider kaum Aussicht, da dies entweder die Dunkelheit der Tunnels oder der Wald verhindern; ich habe sicherlich schon schönere Bahnstrecken befahren und erlebt. Nach 15 Km halten wir oben im Bahnhof Šargan Vitasi an, wo es einen längeren Aufenthalt gibt. Dabei wird die Lokomotive rangiert, so dass sie wieder vorne am Zug angehängt werden kann.
Trage wohl das entsprechende Gen in mir, arbeitete doch mein Vater als Lokführer bei der Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn (BLS).
Auf der Rückfahrt halten wir bei jeder Station kurz an, was uns Gelegenheiten zum Fotografieren gibt.
Auf der Rückfahrt halten wir gegen 16 Uhr, im gleichen Restaurant wie am Vormittag, zu einem späten Mittagessen an.
Wir starten mit einem Salat - da mit Zwiebeln, starte ich nicht mit - danach gibt es ein währschaftes kaltes Plättli und als Hauptgang Kartoffel mit Fleisch. Ich dachte zuerst, es sei Rindsfleisch, da aber das Restaurant Schafhirt oder so heisst, muss es wohl Schaf oder Lamm sein. Jedenfalls ist es gut, "böckelet" überhaupt nicht, schmeckt wie Siedfleisch. Ein grosses Bier gibts auch dazu. Prost!
Wir kommen spät, jedenfalls später als angedacht, in Guça an. Ich bin gerade dabei, mir in meinem Zimmer lange Hosen anzuziehen, als es an der Türe klopt. Es ist Schneewitchen die erklärt, dass die Hausherrin an den Schrank muss. Prominente Gäste seien eingetroffen, für die sie im dritten Stock Zimmer herrichten will: Boban Markovič und ein Teil seiner Entourage, die Stars heute Abend um 21 Uhr auf der Hauptbühne.
"Boban Marković (* 6. Mai 1964 in Vladičin Han, Jugoslawien) ist ein serbischer Trompeter und Flügelhornist und zusammen mit seinem Sohn Marko Marković Leiter der Blasmusikgruppe Boban i Marko Marković Orkestar. Er gilt als führender Musiker seines Genres, der häufig als Balkan Brass bezeichneten Blasmusik des Balkan, und verhalf dieser Musik auch zu internationaler Bekanntheit. Die Roma-Familie Marković ist eine traditionsreiche Musikerfamilie in Serbien. Boban Marković wurde in Serbien als mehrfacher Gewinner der „Goldenen Trompete“ beim Trompetenfestival in Guča, einem der gröddten Volksmusikfestivals der Welt, populär, wo er seit seinem fünften Sieg 2001 nur mehr ausser Konkurrenz antritt. Ausserhalb Serbiens wurde das Boban Marković Orkestar hauptsächlich durch seine Auftritte im Film Underground von Emir Kusturica bekannt. Mit „Competition“ und „Guča“ spielte die Gruppe auch eine Hauptrolle in zwei Dokumentarfilmen. In den letzten Jahren bezog Marković verstärkt internationale Einflüsse in seine Musik mit ein und arbeitete mit internationalen Musikern wie der österreichischen Gruppe Attwenger und der Klezmerband Di Shikere Kapelye zusammen. Ab 2002 begann er seinem Sohn Marko sukzessive die Leitung der Gruppe zu übertragen, die 2004 auch offiziell in Boban i Marko Marković Orkestar umbenannt wurde."
Schneewitchen angelt sich Boban Marković für ein Erinnerungsfoto, bevor er sich auf den Weg zum Konzert macht. Kein Wunder ist Schneewitchen ganz aufgeregt, als sie mir erzählt, dass sie unten im Garten am üben seien. Als ich nach unten komme, sehe ich nur (noch) die Gastgeber mit einer Lady (Sängerin?) im Garten ein Foto machen. Ich grüsse und laufe Richtung Dorf und ins Gewimmel, welches merklich grösser geworden ist als gestern.
Um halb neun gehe ich zur Hauptbühne ins Kirchen-Areal. Es gibt Vorführungen von verschiedenen Gruppen. Die meisten gefallen mir.
Als "Boban i Marko Marković Orkesta" angekündigt werden, kommt noch mehr Stimmung ins Publikum. Die Leute sind "giggerig" auf die Stars des Balkans. Es ist eine grosse Band, mit drei Sängerinnen, mit Vater und Sohn im Mittelpunkt.
Beim weiteren herumschlendern erfreue ich mich aber auch an den unbekannten Formationen, welche das Festival lebendig machen.
In dieser Nacht ist Mitternacht vorbei, als ich mich ins Bett lege.
Samstag, 10. August, Guça, sowie Ausflug Klöster & Flossfahrt
"Optional: Begleiten Sie mich bei der Besichtigung des Naturparks Ovčar-Kablar Gorge und einiger mittelalterlicher orthodoxer Klöster. Höhepunkt dieses Tages ist eine unvergessliche schöne Fahrt mit dem Floss auf dem Fluss Morava. Wir geniessen fangfrischen Fisch zum Mittagessen. Abends in Guça spüren Sie, wie die Trompete weiter die Stimmung hochkochen lässt."
Nach dem Aufstehen laufe ich ins Dorf um Geld zu wechseln. Alles ist sauber und aufgeräumt, Strassen sind gereinigt und noch nass von der Reinigungsprodzedur. Die ersten Standbetreiber sind schon wieder aktiv und die Café sehr gut besetzt. Ich finde eine offene Wechselstube. Danach kaufe ich mir in einer Bäckerei einen kalten Kaffee.
Um 9.40 Uhr gehts los, diesmal sind alle 15 dabei. Wegen den bevorstehenden Klosterbesuchen die Männer merhheitlich in langen Hosen und die Frauen in Röcken. In Anbetracht der wieder hohen Temperaturen habe ich meine kurzen Hosen in den Rucksack gepackt.
Zuerst besichtigen wir das Kloster Sretenje in der Ovčar-Kablar Schlucht, ein Frauenkloster aus dem 13. Jahrhundert. Das Kloster war lange eine Ruine bis es im 19. Jahrhundert wieder aufgebaut wurde. Es leben noch 18 Frauen hier, die Jüngste ist 24 (haben wir nicht gesehen. Die bisher Älteste mit Jahrgang 1928 ist vor drei Monaten gestorben, sie lebte 70 Jahre im Kloster.
Die Nonnen leben mehr oder weniger autark, sie betreiben Landwirtschaft.
Als wir die Kapelle besichtigen, werden die Kleidervorschriften kontrolliert. Gerd in seinen kurzen Hosen mit umgebundenem Tuch darf nicht rein und ein paar Frauen müssen Tücher über ihre Oberteile legen. Fotografieren ist nicht erlaubt, auch nicht Frauenbeine überschlagen beim Sitzen, wie Sitzende beim Zuhören in der Kapelle realiseren müssen.
Die Nonnen erreichen mehrheitlich ein hohes Alter, wie die Inschriften auf dem Klostereigenen Friedhof zeigen. Ich entdecke aber das Grab einer Nonne, die 1928 geboren und 1953 gestorben ist. Via Schneewittchen frage ich die Nonne nach dem Grund des frühen Todes. Damals seien die Arbeiten hart und das Leben in den nicht vollständig ausgebauten Klosterräumlichkeiten nicht gesundheitsförderlich gewesen. Die Nonne habe sich beim Arbeiten erkältet, bekam Wasser in die Lunge, konnte nicht gerettet werden.
Nach der Besichtigung werden wir von unserer Kloster-Führerin - übrigens der einzigen Nonne die wir zu Gesicht bekommen - aufgefordert, uns an den Tisch zu setzen. Nebst Kaffee und Gebäck schenkt uns die Nonne - trotz strengem Leben und Vorschriften - selbstgemachten Slivovic ein. Allerdings dürfen die Nonnen selber keinen Alkohol trinken. Ein paar Mutige kosten vom ebenfalls selbstgemachten Weisswein. Die Nonne verkauft allerlei Selbstgemachtes: Crèmen gegen und für fast alles, Konfitüre, Honig, Wein. Für unseren Gastgeber kaufe ich eine Flasche Sliwowitz (600 Dinar, 5.50 CHF).
Danach fahren wir einen Teil des Weges zurück und nehmen bei der Abzweigung den Weg links, der uns zum Kloster Svete Trojice führt.
In diesem Männer-Kloster leben nur noch 3 Mönche, die bei der Arbeit von 2 Frauen unterstützt werden. Es ist ein sehr ruhiger und Ort. Ich geniesse es, im Schatten zu sitzen und der Stille zu lauschen.
Es ist ein Uhr, als uns Milan beim Morava Fluss aussteigen lässt. Über eine Hängebrücke erreichen wir ein Restaurant mit Badegelegenheit. Einige Mutige ziehen die mitgebrachten Badebekleidung an und stürzen sich mutig ins erfrischende Wasser. Die restlichen kühlen sich innerlich. Ich nutze die Pause um von langhösig in kurzhösig zu wechseln.
Nach einer Stunde fahren wir weiter, nur ein Stückchen dem Fluss entlang bis kurz vor die Staumauer. Dort hat ein Restaurantbesitzer seine Gäste-Kapazitäten erhöht, in dem er Essen auf einem Floss anbietet.
Wir gehen aufs Floss und verteilen uns an die gedeckten Tische. Sogleich wird mit dem Service begonnen, welcher vom Restaurant aus gemacht wird. Es gibt Salat (für mich ohne Zwiebeln, Schneewitchen-sei-Dank) ...
danach eine leckere Fischsuppe zum selber schöpfen und als Hauptgang für jede(n) eine Forelle. Ein Glas Wein (oder Bier) und Wasser sind inklusive; der omnipräsente Sliwowitz natürlich auch.
Nach dem Essen werden zusätzliche (kostenpflichtige) Getränke in eine Kühlbox gefüllt, die Leinen gelöst und los geht die Fluss Floss Fahrt auf der gewundenen Morava.
Es ist eine sehr geruhsame Fahrt den gestauten Fluss hinauf. An den Ufern stehen einige Wohnhäuser und viele kleinere Wochenend- oder Ferienhäuschen. Irgendeinmal wendet der Boosführer das Floss und wir fahren zurück. Als wir wieder anlegen, wird noch ein Kaffee serviert.
Um 17.45 Uhr machen wir uns auf den Heimweg. Milan bringt uns nach einer 3/4-stündigen Fahrt heil zurück. Als ich dem Hausherrn die im Kloster gekaufte Flasche in die Hände drücke, glaubt er zuerst, ich wolle nur zeigen was ich gekauft habe. Als ich ihm zu verstehen gebe, dass sie für ihn sei, freut er sich sehr; spontan umarmt er mich.
Nach einer kurzen Wiederherstellung, Auffrischung und Neubelebung meinerseits, gehts wieder ins Dorf zum Festival. Auf der Hauptbühne findet nun das Final der Brass Bands statt. Beim Flanieren staune ich immer wieder über das kleine Dorf, welches sich im Ausnahmezustand befindet, will doch jeder auf irgendeine Weise ein Stück vom Kuchen abbekommen: Getränkekühlschränke einer neben dem anderen stehen in Branchenfremden Verkaufslokalen, in denen extra Platz dafür geschaffen wurde ... Grosszügig gebaute Holz-Restaurants, die wohl nur während dem Festival geöffnet sind ... Verkaufsstände, die mit allen möglichen und unmöglichen Dingen Käufer suchen ... Improvisierte Bars, die mit lauter Nicht-Brass-Band-Musik und tanzenden Frauen - mutmasslich wegen den hohen Temperaturen in unorthodoxer Bekleidung - auf sich aufmerksam machen. In all diesem Kommerz gibt es aber auch bettelnde Kinder, losgeschickt von ihren Eltern, um Mitleid auslösend zum Familieneinkommen beizutragen.
Jedesmal wenn ich ins Kirchenareal zurück gehe, muss ich die Sicherheitskontrollen über mich ergehen lassen. Für die Rangverkündigung um 23.30 Uhr reicht meine Energie dann nicht mehr. Es hat aber auch damit zu tun, dass sämtliche Ansagen nur in Serbischer Sprache gemacht werden.
Sonntag, 11. August, Guça
Am Sonntag seien wir von unseren Gastgebern Simunida und Radoje zum Mittagessen eingeladen, informierte uns Schneewitchen schon vor ein paar Tagen. Wir sollten Getränke einkaufen. Das relaxe Sonntagsprogramm vor Augen lässt mich erst kurz nach 9 Uhr aus dem Bett steigen. Eine Stunde später sitze ich in einem gut gefüllten Café. Da ich relativ lange für die Bestellung warten muss, bestelle ich gleich two double espresso.
Gegen 13 Uhr treffen wir uns alle unten auf dem Sitzplatz. Seit gestern köchelt ein Topf auf einem Holzfeuer im Garten: Svadbarski kupus, ein würziger Kohleintopf mit geräuchertem Fleisch. Dazu werden wir Spanferkel bekommen, welches Radoje jedoch auswärts gekauft hat.
Irgendeinmal werden wir zu Tisch gerufen. Alle haben Getränke eingekauft, mehrheitlich Bier. Ich stelle eine Flasche Rotwein aus Montenegro auf den Tisch. Sabine will nur davon kosten, aber Oliver lässt mich nicht im Stich und trinkt mit, die anderen bleiben bei Bier und Sliwowitz. Auf dem gedeckten Tisch stehen Teller mit Tomaten- und Gurkensalat sowie mit Feta Käse. Nun werden Schüsseln mit dem Eintopf gebracht; mehrheitlich Kohl, mit ein paar Stückchen Fleisch. Gerd hält eine Dankesrede auf deutsch für die Dame und den Herrn des Hauses, worauf sich der Gastgeber in serbisch bei uns bedankt. Schneewitchen übersetzt hin und her. Damit ist das Essen eröffnet. Alle haben Hunger, deswegen sind Salat und Kohl schnell weg, aber es gibt Nachschub. Als ich schon enttäuscht denke, das war's dann wohl mit dem Spanferkel (oder Spargelferkel wie Schneewitchen zu sagen pflegt), werden Platten mit Fleisch serviert. Es hat mehr als genug für alle! Als wir satt sind, räumen wir zusammen und Oliver öffnet eine Flasche Rosé, zufälligerweise vom gleichen Weingut wie mein Rotwein.
Gerhard wird aufgefordert, seine Trompete zu holen, denn jeder hat ja gesehen, dass er mit einem eigenartigen Gepäckstück angereist ist ... wie es sich herausstellt, ist es keine Trompete, sondern ein Flügelhorn.
"Trompete und Flügelhorn sind Blechblasinstrumente. Sie sehen sich zum Verwechseln ähnlich und sind beide gleich zu spielen. Der Unterschied zwischen ihnen besteht darin, dass eine Trompete eine "enge Mensur"und ein Flügelhorn eine "weite Mensur" besitzt. Das bedeutet ganz einfach, dass eine Trompete etwas enger und schmaler gebaut ist als ein Flügelhorn. Aus diesem Grund haben Flügelhörner einen warmen, weichen Klang und spielen im Orchestermeistens die Melodie- oder Führungs-Stimme. Trompeten klingen etwas schärfer und klarer. Auch sie haben öfters Melodie-Teile zu spielen, aber ihr Spezialgebiet sind scharfe, rhythmische Einwürfe (die berühmtenTrompeten-Signale) und ab und zu rhythmische und harmonische Begleitungen."
Gerhard auf seinem Flügelhorn sowie Sebastian am improvisierten Schlagzeug, stimmen uns auf den Besuch der Brass Band ein. Zwischndurch versuchen sich ein paar Mutige selber am Blasinstrument. Die einen "scheitern kläglich" und bringen kaum einen Ton raus, während es anderen gelingt, mit den drei Ventilen eine hörbare Tonabfolge zu produzieren. Es ist unterhaltend und lustig.
Gegen 15 Uhr kommt das Blasmusikorchster von Bojan Krstić, welches schon einige Preise an früheren Guça-Festivals gewonnen hat. Bojan erzählt mir später, dass sie auch schon im Schiffbau in Zürich gespielt hätten.
"Bojan Krstić und sein Orchester leben im südserbischen Vladičin Han. Diese kleine Stadt ist seit Jahrzehnten der Ort mit den besten Trompetern und Blasorchestern des Balkans. Musiker von dort wurden international bekannt, indem sie weltweit tourten, verschiedene Soundtracks aufnahmen oder in Filmen und Theater mitspielten. In der Folge wurde die lokale traditionelle Musikkultur auf der ganzen Welt immer populärer, und das Bojan Krstić Orkestar steht genau in dieser Tradition. Alle Musiker haben ihre Instrumente von frühester Kindheit an gelernt, und Bojan Krstić selbst wurde schon in jungen Jahren einer der brillantesten und fabelhaftesten Trompeter der gesamten Region. Das sehr hohe musikalische Niveau und die ersichtliche grosse Spielfreude der neun Musiker kommen zum Vorschein bei Hochzeiten, Konzerten und traditionellen Veranstaltungen auf dem Balkan und darüber hinaus. 2016 beteiligte sich die Band an der Produktion des Albums «Balkan Herbal Clinic» der Berliner Band Mr Žarko, um den Songs einen speziellen Kick an Balkan-Power zu geben. Beide Bands stehen seitdem auch für exklusive Konzerte gemeinsam auf der Bühne. Beim berühmten jährlichen Wettbewerb in Guča, dem «Woodstock des Balkans» mit hunderttausenden Besuchern pro Jahr, hat Bojan Krstić 2015 die «Goldene Trompete», 2016 die «Erste Trompete» und 2017 den Preis des «Besten Orchesters» gewonnen, hinzu kommen zahlreiche weitere Auszeichnungen für die phantastischen Leistungen von ihm und seinen Musikern."
Die Band spielt gut eine Stunde für uns. Von Schneewitchen instruiert, legen wir immer wieder Geldscheine auf den Boden. Dinar- und Euro-Noten, am Schluss ist auch eine Schweizerfranken-Note dabei. Einige aus der Gruppe kaufen CD's und lassen sie signieren, andere machen Fotos von sich mit der Band.
Amateur Gerhard meets profi Bojan.
Wir werden aufgefordert, hinaus auf den Rasen zu kommen. Die Gastgeberin Simunida eröffnet einen Tanz: einander die Hände reichen, seitlich im Kreis drehend und dabei den Radius verkleinern. Hat auf der Strasse einfach (und besser) ausgesehen.
Nach letzten Gruppenfotos verabschieden wir uns von den Musikern und bedanken uns für die stimmungsvolle Privatvorführung.
Wir sitzen noch weiter zusammen und führen vertiefte, aber auch sinnfreie Gespräche, bis sich die Gruppe aufzulösen beginnt. Irgendeinmal breche ich auf, zur Abschiedstour durchs Dorf ...
Montag, 12. August, Guça - Belgrad
Habe in der Nacht sehr schlecht geschlafen, es war heiss und laut. Mein Handy wird um 5.30 Uhr aktiv. Eigentlich viel zu früh, denn ich verzichte aufs Duschen, da ich das Frottétuch nicht nass einpacken will, und mein Gepäck ist auch schnell reisefertig gemacht. So bin ich bereits um 5 Uhr unten. Andreas ist schon da, und Mario auch, obwohl der noch bis morgen bleibt. Türkischer Kaffee steht bereit und der Hausheer schenkt den unvermeidlichen Sliwowitz ein. O.M.G., schon gar nicht um diese Zeit. Ich laufe kurz zur Tankstelle und kaufe mir eines dieser abgepackten, tanggigen Gipfeli mit einer Crème drin und Mineralwasser. Als ich zurückkomme, ist auch Schneewitchen aufgestanden, nicht wachgeküsst von einem Prinzen, eher verschlafen. Noch nicht ganz wach will sie sich von uns verabschieden. Lieb von dir, Snežana! Nun kommen auch Gerhard und Sebastian mit ihrem Gepäck runter. Da auch Milan mit seinem PW vorgefahren ist, verabschieden wir uns. Hände schütteln mit der Hausherrin, vom Hausheer gibts eine Umarmung und mit Schulterklopfen sage ich Tschüss zu Mario und Dankeschön, dass du extra aufgestanden bist. Es bleibt noch Schneewitchen übrig: Wir sagen einander ein paar aufrichtige Nettigkeiten und umarmen uns zum Abschied.
Als ältester der Runde nehme ich mir die Freiheit, vorne zu sitzen, während Andreas, Gerhard und Sebastian hinten Platz nehmen. Milan startet um 6.40 Uhr den Motor und fährt rückwärts die kurze Strecke auf dem Strässchen bis zur Tankstelle. Hier wendet er und wir verlassen Guça. Збогом Гуца, овдје сам се угодно провео! - Zbogom Guca, ovdje sam se ugodno proveo! - Auf Wiedersehen Guça, ich hatte hier ein stimmungsvolle Zeit!
Es ist nebelig, so früh am Morgen. Nach drei Stunden sind wir am Flughafen von Belgrad und Milan zieht ein Parking Ticket aus dem Automaten. Wie steigen aus, nehmen unser Gepäck und verabschieden uns voneinander. Alexander fliegt nach Berlin und die beiden „Schwarzwälder“ Gerhard und Sebastian nach Zürich. Auf Wiedersehen, danke für die gemeinsame Zeit.
Milan begleitet mich zum Bus A1, mit welchem ich in die Stadt gelange. Hier sage ich "Good bye" zu Milan. Er ist ein guter Fahrer, fuhr immer "anständig" und hielt sich an die Geschwindigkeiten.
Beim Fahrer löse ich ein Billet, es kostet 300 Dinar. Ich zeige dem Fahrer die Adresse von meinem Hotel. Er sagt mir, dass ich bis zur letzten Station fahren könne, wo er mir den weiteren Weg erklären werde. Der Bus wird um 10 Uhr abfahren, es reicht noch für einen Toilettengang. Als der Bus pünktlich losfährt, bin ich der einzige Passagier.
Bei der Endstation, dem Slavija square, zeigt mir der Fahrer, wo ich auf Bus 31 warten und mit diesem bis zur letzten Station fahren solle. Ich müsse kein weiteres Ticket mehr kaufen. Als der Bus kommt, ist dieser schon sehr gut gefüllt. Mit mir steigen weitere Personen ein. Der Bus ist überfüllt und ich mit meinem Gepäck mittendrin. Ich überlege, wie ich beim Sichtlosen Stehplatz merken werde, wann die letzte Station sei. Leute steigen aus und ein. Als sich der Bus bei einer Station leert, es angenehm Platz gibt und ich mich nach einem Sitzplatz umschaue, kommt eine ausgestiegene junge Frau zurück zur Türe und erklärt mit, dass der Bus nicht weiter fahre. Der Republic square sei eine grosse Baustelle, weshalb der Bus bereits hier wende. So steige ich auch aus und laufe durch die gezeigte Fussgängerzone auf der Suche nach meinem Hotel. Ein paar "Excuse me, do you know where ..." weiter und mit Unterstützung von Google Map, bin ich da - nur wo ist das Hotel? Ich laufe weiter aber in Google Map entfernt sich mein Standort vom Hotel weg. In einem Restaurant frage ich nach dem Five Points Square Hotel. Die Kellnerin kommt raus und geht mit mir ein paar Schritte zum Eingang. Das Hotel ist nur auf einer kleinen Tafel angeschrieben. Es befindet sich effektiv nur im 5. Stock des Hauses. Mit dem Lift fahre ich nach oben. An der Rezeption wird mir erwartungsgemäss mitgeteilt, dass mein Zimmer noch nicht bereit sei. Das Gepäck kann ich da lassen.
Ich gehe wieder nach draussen, es ist sehr heiss. Im Restaurant mit der hilfsbereiten Kellnerin setze ich mich hin. Ich habe Durst und Hunger. Zudem will ich ein Programm für den heutigen Tag zusammenstellen und mich dabei fürs Sightseeing motivieren, was in Anbetracht der hohen Temperaturen nicht ganz einfach ist.
Nach dem Studium meiner vorselektionierten Sehenswürdigkeitenlsite entscheide ich mich, jetzt die nahe gelegene Festung zu besichtigen und danach an der Underground Tour von Free Belgrade Walking Tours mitzumachen.
"Die Festung von Belgrad bildet den historischen Kern der serbischen Hauptstadt Belgrad und stammt in ihrer Grundstruktur vom Anfang des 15. Jahrhunderts, wurde aber insbesondere Ende des 17. Jahrhunderts und Anfang des 18. Jahrhunderts durch modernere Bastionen ausgebaut. Die zentral gelegene Festung von Belgrad war während der militärischen Konfrontation um die Vorherrschaft in Ostmitteleuropa zwischen den Grossmächten der Habsburgermonarchie und dem Osmanischen Reich in den Türkenkriegen erbittert umkämpft und wurde im 17. und 18. Jahrhundert kurzzeitig von Österreich gehalten. Im Zuge des Ersten Serbischen Aufstands gegen die Türken eroberten die Serben 1807 die Festung, die bis 1867 jedoch einen osmanischen Kommandanten behielt. Strategisch auf einem 50 Meter hohen Kalksporn über dem Flussdelta der Save in die Donau gelegen, ist die Festung das Wahrzeichen der Stadt. Neben Wällen, Bastionen, Türmen und Toren sind die zahlreichen Monumente sowie zwei Kirchen und das Militärhistorische Museum Serbiens touristische Anziehungspunkte in der Anlage. Im ehemaligen Vorfeld der Festung sind der Grosse und der Kleine Kalemegdan als grosszügige Parkanlagen sowie der Zoo von Belgrad eingerichtet."
Durch die Knez Mihailova ulica bummelnd, der verkehrsberuhigten Fussgängerzone und bekanntesten Prachtstrasse der serbischen Hauptstadt Belgrad, gelange ich zum Eingang der weitläufigen Kalemegdan Anlage.
Heute ist ja Montag, der mehrheitlich weltweite Museumsruhetag, deshalb ist das Belgrad Military Museum geschlossen, so muss ich mich mit den draussen ausgestellten Exponaten begnügen.
Beim herumschlendern entdeckte ich in den Gemäuern den Eingang zu einer Ausstellung über mittelalterliche Folterinstrumente. In den dunklen Kellergewölben wird mit Texten, Zeichnungen und originalen/nachgebauten Werkzeugen illustriert, wie mit Folter versucht wurde, die Wahrheitsfindung zu unterstützen. Zum Teil recht unheimlich und verstörend, nichts für schwache Nerven, weshalb ich das fotografieren unterlasse.
Hier mündet die Sava, der wasserreichste Nebenfluss der Donau, noch vor der Theiss (dem längsten Nebenfluss), dem Inn (Quelle oberhalb des Lunghinsees im Oberengadin) und der Drau (entspringt im italienischen Südtirol) in die Donau (rechts).
Das Victor Monument: Die Statue des Pobednik (deutsch der Sieger) steht in der oberen Stadt der Festung, errichtet 1928 anlässlich des zehnjährigen Durchbruchs der Salonikifront. ("Die Salonikifront, auch Mazedonische oder Makedonische Front, war ein Nebenkriegsschauplatz des Ersten Weltkriegs von 1915 bis 1918. Er entstand, als die Mittelmächte unter Einschluss Bulgariens im Herbst 1915 Serbien eroberten und die Entente mit Truppenlandungen in Thessaloniki zu Gunsten der verbündeten Serben intervenierte, so dass alle europäischen Grossmächte in den südosteuropäischen Raum eindrangen.")
Rechtzeitig mache ich mich auf den Weg zurück zum Repuplic square, wo um 15 Uhr die geführte Walking Tour startet. Dort treffe ich auf Vladimir, dem mit einem gelben Schirm ausgestattenen Guide, und bezahle ihm die verlangten 10 Euro für die Underground secrets of Belgrade and Savamala tour: "The unique experience of hidden objects and cruel history. Visit Roman well, Military bunker from Tito's period, Austrian gunpowder storehouse with Roman sarcophagus, sacrificial altars and tombstones. Hear the stories about the oldest city center and nowadays popular nightlife district Savamala. Visit wine cellar from the 19th century and taste the wine at the end of the tour."
Vladimir führt uns dorthin, woher ich vorhin hergekommen bin, zur Festungsanlage, wo die eigentliche Besichtigungstour mit dem Roman Well beginnt. "Der „grosse Brunnen“ entstand in der Zeit des baroken Wiederaufbaus der Österreicher in der Stadt. Sie errichteten 1717 bis 1731 einen Brunnen, um die Festungsanlage in Notzeiten mit Wasser versorgen zu können. Die Grabungen erwiesen sich allerdings zu dieser Zeit als hoffnungslos, man stiess nicht auf Wasser. Kurzerhand änderte man den Zweck und nutzte den Brunnen als Verlies. Der Name „Römischer Brunnen / Roman Well“ fand man erst im 19. Jahrhundert in schriftlichen Aufzeichnungen. Untersuchungen haben ergeben, dass der Brunnen nie mit dem natürlichen Quellwasser gespeist wurde. Es ist nur Oberflächenwasser in ihn geleitet worden. Er war also lediglich ein Tank, aus dem die Menschen das benötigte Wasser pumpten."
Wir verlassen die angenehme Kühle und werden draussen wieder von den heissen Temperaturen erwartet, setzen die Sonnenbrille auf und den Rundgang fort. In der Festungsanlage befindet sich ein kleiner Hügel. Hier entdeckte man per Zufall einen Luftzschutzbunker. Die Bunkeranlage stammt aus der Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts. Den genauen Grund, wann und warum diese Anlage errichtet wurde, hat man bisher jedoch nicht herausgefunden.
Danach laufen wir Richtung Unterer Stadt der Festung, zum Pulvermagazin, der dritten Besichtigung der Untergrund Tour. Das Magazin wurde 1718-1720 während der österreichischen Wiederaufbauphase der Festung erbaut. Wir betreten einen Gang der zu zwei Kammern führt. In dem einen grossen, nun leeren Raum sind die Wände extrem dick, zum Schutz der Umgebung, sollte die damals darin gelagerte Munition explodieren.
Im zweiten Raum lagern römische Sarkophage, Grabsteine und Altäre aus Stein aus verschiedenen Zeitepochen.
Wieder am Tageslicht, laufen wir via Charles VI Gate zur Gedenkstätte an die ersten Toten des Ersten Weltkrieges.
Gleich in der Nähe liegt die Rosenkirche.
Nichts mit unserer Tour zu tun hat dieses Brautpaar, welchem wir auf unserem Weg zurück zur Oberen Stadt begegnen.
Der Abschluss der Tour bildet der Besuch einer Lagum. Lagume sind unterirdische Gänge und Höhlen unter dem Belgrader Stadtteil Savamala. Sie wurden im 19. Jahrhundert in den Hügel gegraben und als Lagerräume benutzt. Die heutige Benutzung ist streng geregelt, die frühere beliebte Nutzung als Partylokale nicht mehr gestattet. Wir dürfen rein und in einer Weinstube Platz nehmen und erhalten lokalen Weisswein.
Ich bedanke mich bei Vladimir für die interessante, nicht alltägliche Tour, verabschiede mich von den anderen Teilnehmern und suche mir meinen Weg selber zurück in die Stadt. Das Abendessen nehme ich draussen im Restaurant gleich bei meinem Hotel ein. Um halb neun ist es immer noch 31 Grad warm ...
Dienstag, 13. August, Belgrad
Kurz nach acht Uhr stehe ich auf. Beim Duschen entdecke ich diese SOS-Schnur. Wirkt beruhigend, für den Fall der Fälle gedacht ...
Ich simuliere dann mal einen möglichen Notfall: ausrutschen und danach hilflos auf auf dem Boden liegen - die Schnur hängt unerreichbar hoch im Himmel. Irgendwie ist die Beruhigung weg.
An der Hotel-Reception hole ich mir den Frühstücks-Voucher ab, fahre mit dem alten Lift ins Parterre und verlasse das Hotel. Gleich um die Ecke, im Restaurant Aurelio, kann ich gegen Abgabe des Vouchers aus einer grossen Frühstücksauswahl aussuchen. Klar, die zusätzlichen Espressi muss ich bezahlen.
Danach kaufe ich bei einem nahen Kiosk eine Tageskarte für die ÖV-Benützung und decke mich mit Wasser ein.
Mit einem Bus fahre ich zu meinem ersten Ziel heute, dem Dom des heiligen Sava.
"Die Kathedrale des Heiligen Sava ist die grösste orthodoxe Kirche in Serbien, das grösste orthodoxe Gotteshaus auf dem Balkan und eine der grössten orthodoxen Kirchen weltweit. Sie wurde an jenem Ort erbaut, an dem 1595 Sinan-Pasha die Relikte des Heilgen Sava, Gründer der Serbisch-Orthodoxen Kirche, verbrannt haben soll. Die Gedenkkirche ist ein charakteristischer Bestandteil der zeitgenössischen Stadtprofils Belgrads. Die Kirche wurde im serbisch-byzantinischen Stil errichtet und besitzt vier 44 m hohe Türme. An ihrer höchsten Stelle misst die Kuppel 70 m, wobei das vergoldete Hauptkreuz weitere 12 m hoch ist. Damit ist die Kathedrale im Ganzen 82 m hoch und liegt auf einer Höhe von 134 m über dem Meeresspiegel. Auf diese Weise bildet die Kirche einen markanten Punkt an Belgrads Horizont und ist aus allen Richtungen der Stadt sichtbar. Die Grundfläche des Baus bemisst sich auf 3500 m², die drei Galerien auf der ersten Ebene nehmen zusätzliche 1500 m² ein. Schließlich offenbart die zweite Ebene von abermals 120 m² einen Panoramablick rund um die Kuppel herum. Die Kuppel ist mit 18 vergoldeten Kreuzen verschiedener Grösse bestückt und die Glockentürme tragen insgesamt 49 Glocken. Die Kathedrale fasst bis zu 10.000 Besuchern auf einmal und auf der westlichen Chorgalerie finden bis zu 800 Chorsänger Platz. Unter dem Boden der Kirche befindet sich das Gewölbe und die Krypta des Heiligen Sava sowie die Grabkirche des Heiligen Prinzen Lazar, insgesamt weitere 1800 m² Fläche."
Mir gefällt was ich sehe; sehr schön.
Die Fotografin und das Model oder der Fotograf und das Model?
Leider ist der Zugang zur eigentlichen Kirche nicht möglich, eine umfassende Renovation ist im Gange. Für Lennox, Alyssa, Oscar und Lio zünde ich Kerzen an, bevor ich in die unterirdische Krypta hinuntersteige.
Beim zurücklaufen zur Strasse entdecke ich dieses Denkmal von Nikola Tesla. "Er war ein Erfinder, Physiker und Elektroingenieur. Sein Lebenswerk ist geprägt durch zahlreiche Neuerungen auf dem Gebiet der Elektrotechnik, insbesondere der elektrischen Energietechnik, wie die Entwicklung des heute als Zweiphasenwechselstrom bezeichneten Systems zur elektrischen Energieübertragung. Tesla hat in 26 Ländern über 280 Patente erhalten, davon 112 in den USA." Sein Name führte zudem zur Namensfindung von Tesla, Inc. (früher Tesla Motors), dem US-amerikanischen Elektro-Autobauer.
Nach der Besichtigung fahre ich mit dem Tram (aber nicht mit dem Basler Trämli) weiter ...
In der Nähe der 1999 bombardierten Regierungsgebäude steige ich aus. Vor 40 Jahren griffen Nato-Jagdbomber - ohne UNO-Mandat - Jugoslavien an. "Bomben gegen Belgrad: 78 Tage lang dauerte der Kosovo-Krieg, mit dem die Vertreibung und Ermordung der albanischen Bevölkerung gestoppt werden sollte. Es war der erste Nato-Kampfeinsatz und der erste Kampfeinsatz deutscher Soldaten nach 1945. Völkerrechtlich ist die Intervention bis heute umstritten."
Beim nahe gelegenen Bahnhof entdecke ich eine grosse Werbefläche für das Belgrade Waterfront projcet.
"Belgrade Waterfront, known in Serbian as Belgrade on Water, is an urban renewal development project headed by the Government of Serbia aimed at improving Belgrade's cityscape and economy by revitalizing the Sava amphitheater, a neglected stretch of land on the right bank of the Sava river, between the Belgrade Fair and Branko's bridge. It was started in 2014 with the reconstruction of the Belgrade Cooperative building, which was finished in June of the same year. It is the second largest mixed use complex under construction in Europe, just after Minsk Mir (Minsk World) worth 3.5 billion dollars. It will have 6.000 apartments, seven hotels including W Hotel and St Regis, 2000 offices, largest shopping mall in South East Europe and other public buildings like libraries, kinder gardens and museums. It was announced on 15 March 2015 that the Phase I apartments in BW Residences, a premium riverside residential development, will be launched for sale. These two towers will each have around 20 floors, consisting of 296 apartment units, and construction started in October 2015."
Gemäss dem Bild rechts, wird das alte Bahnhofsgebäude erhalten bleiben.
Die Bauaktivitäten halten sich noch in Grenzen.
Ich fahre wieder ein Stück mit dem Tram und laufe danach zurück ins Hotel, wo ich mir eine Ruhepause gönne. Um halb drei bin ich wieder draussen beim Republik square, der ebenfalls eine Baustelle ist.
Das Denkmal von Fürst Mihailo (Michael) und das Nationaltheater beim Platz der Republik.
So wird sich der Platz dereinst präsentieren.
Um 15 Uhr beginnt die für heute ausgesuchte Communist Tour. "Find out the most interesting stories about former Yugoslavia, life during "brotherhood and unity", World War II, Tito's life, breakup with Stalin, conflicts from the 90s, Kosovo conflicts, NATO bombing of FR Yugoslavia in 1999. Democratic changes at the beginning of the third millennium. Visit Museum of Yugoslavia, "The house of flowers" - place where Tito is buried. See ruins of NATO bombing in the city center."
Der Guide heute heisst Milan, er erhält von mir 1200 Dinars (10 Euro) für die Tour. Wir sind mehr Interessierte als auf der gestrigen Tour.
Das ****Hotel Moskva habe nur wegen dem fehlenden Swimming Pool keine fünf Sterne, erklärt Milan. Mit dem Bau des Palastes (einstiger Rosija Palast, ehemaliges Gebäude der Versicherungsgesellschaft Rosija) wurde im Frühling 1905 begonnen und am 14. Januar 1908 eröffnet. Es war das grösste Privatgebäude im Serbischen Königreich. Auch während dem Bruch mit der Sowjetunion trug das Hotel immer den Namen "Moskau", erzählt Milan schmunzelnd.
Die Tour geht weiter zu den beiden Königspalästen der rivalisierenden Dynastien:
Stari dvor, der Alte Palast, eines der repräsentativsten Gebäude Belgrads, aus der Herrschaft der Obrenović Dynastie. Heute ist hier die Stadtverwaltung untergebracht. Erfolgreiche Sportler dürfen vom Balkon aus die "Huldigungen des Volkes" entgegennehmen.
Novi dvor, der Neue Palast, war die königliche Residenz der Karađorđević-Dynastie. Heute Sitz des Präsidenten, der aber nicht hier wohne, ergänzt Milan.
Durch den Pioniers Garten gelangen wir zum Nationalen Parlamentsgebäude.
Das imposante Bürogebäude der Hauptpost.
In seinem gut verständlichen Englisch vermittelt Milan jeweils eine Menge an Informationen, entsprechend lange dauert es bis wir weiter laufen. Ich glaube deshalb nicht, dass die angegebene Tourdauer von 2 ½ bis 3 Stunden reichen werden. Die ganze Gruppe steigt in den bereits gut gefüllten Bus Nr. 40 ein und wir fahren zum Museum der Geschichte Jugoslawiens (Jugoslawien Museum), welches sich im Süden Belgrads, im Stadtteil Dedinje befindet.
Wir besichtigen die Austellung mit den ausgestellten Geschenken und persönlichen Gegenständen von Tito. Dabei erfahren wir viel, auch über die immer noch unbekannte Herkunft Titos, über sein Wirken und die Veränderungen Jugoslawiens. Milan hat, wie er uns erklärt, in seinem bisherigen Leben bereits vier verschiedene Pässe gehabt: Als er geboren wurde, hiess sein Land " Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien", ab 1992 "Bundesrepublik Jugoslawien", ab 2003 "Serbien und Montenegro" und seit der Unabhängikeitserklärung Montenegros im Jahr 2006 "Republik Serbien".
Im sogenannten Haus der Blumen ist das Mausoleum des ehemaligen Staatspräsidenten der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, Josip Broz Tito, der am 4. Mai 1980 in Ljubljana verstarb. "Viele Staatspräsidenten und hochrangige Politiker erwiesen ihm bei seiner Beisetzung am 8. Mai 1980 die letzte Ehre. Gemessen an der Anzahl kondolierender Politiker und Staaten, die Delegationen sandten, war die Beerdigung mit vier Königen, 31 Präsidenten, 6 Prinzen, 22 Premierministern und 47 Aussenministern die bis zum damaligen Zeitpunkt weltweit grösste. Darunter waren Leonid Breschnew, Andrej Gromiko, Erich Honecker, Margaret Thatcher, Helmut Schmidt, Francesco Cossiga, Nicolae Ceaușescu, Kim Il Sung, Saddam Hussein, Jassir Arafat und Felipe González. Sein Sarkophag wird jährlich von bis zu 20'000 Menschen besucht." Gemäss Milan hatte bis heute einzig die Beisetzung von Nelson Mandela mehr Delegationen zu verzeichnen.
Vor dem Museum verabschiede ich mich von Milan und der Gruppe und fahre selber mit einem Bus zurück. Nach dem Aussteigen laufe ich zu Fuss in Richtung meinem Hotel. Dabei komme ich zum Hotel Moskau. Spontan gehe ich rein und frage nach der Möglichkeit einer Massage; ich gönne mir eine Rückenmassage mit Packung. Danach genehmige ich mir auf der Terrasse ein Bier gegen den Durst. Zum Abendessen kehre ich ins gleiche Restaurant wie gestern zurück.
Mittwoch, 14. August, letzter Tag in Belgrad & Heimreise
Nach dem Frühstück packe ich und checke bei der Reception aus. Da ich das Hotel im Voraus bezahlt habe, muss ich nur noch die City Taxe von 2 x 159 Dinar sowie die konsumierten Apfelsäfte aus der Minibar bezahlen. Das Gepäck lasse ich hier.
Das Wetter hat, wie angekündigt, geändert, der bisherige helle und strahlender Himmel ist nun bedeckt und es regnet zwischendurch. Kein Problem: aufmerksame Leser wissen, dass ein kleiner Regenschirm in meinem Gepäck ist. Ich laufe die paar Meter zum National Museum, bezahle den Eintritt und informiere mich beim "Museums-Menü".
"Das Serbische Nationalmuseum (serbisch Народни музеј Narodni muzej) wurde 1844 gegründet. Es befindet sich am Platz Trg republike an der Stelle, wo das einstige Stadttor Stambol kapija stand. Das Museum beherbergt heute über 400'000 archäologische und Kunstobjekte, unter denen viele herausragende Meisterwerke sind. Nach 15-jähriger Schliessung und einer fundamentalen Renovierung wurde das Museum am 28. Juni 2018 wieder eröffnet."
Kaum habe ich mit der Besichtigung begonnen, kommt ein Museumsmitarbeiter und fordert alle auf, in der Halle Platz zu nehmen. Schön brav machen alle mit und warten gespannt, was auf uns zu kommt. Das Licht wird reduziert und ... sonst passiert nichts. Nach rund einer Viertelstunde werden Zeichen des Abbruchs vermittelt.
Bei diesem Bild staune ich - dass es ein Mann ist der den Früchtekorb in den Händen hält - vorallem über die Detailgenauigkeit des Malers.
Um halb eins bin ich mit den Rundgängen durch das Museum fertig. Ich laufe in den Strassen herum und staune einmal mehr über den sichtbaren Wandel, den diese Stadt durchmacht: Nebst den herrschaftlichen, unbedingt erhaltenswerten, alten Prachtbauten, gibt es seelenlose Gebäude, denen man die kommunistische Vergangenheit ansieht, aber auch Beispiele zeitgenössischer Architektur.
Es wird langsam Zeit, zum Hotel zurückzukehren um das Gepäck zu holen. Ich entscheide mich, zu Fuss zur Bushaltestelle des A1 beim Slavija Platz zu gehen, wofür ich 20 Minuten brauche. Als ich ankomme, ist es 16.30 Uhr und es beginnt wieder leicht zu regnen. Um 16.40 Uhr fährt der nächste Bus zum Flughafen.
Um zehn nach fünf kommen wir im Belgrader Nikola Tesla Flughafen an. Ich habe genügend Zeit um angesichts der Kolonne beim Einchecken nicht unter Druck zu kommen. Zeitlich und monetär liegt noch ein Bier und ein kleiner Imbiss drin, danach ist aber Ebbe in meinem Dinar-Portemonnaie. Ich gehe zum Gate; erst hier werden die Sicherheitskontrollen gemacht.
Um 19.50 Uhr nehme ich im voll ausgelasteten Airbus A320 "Interlaken" auf Sitz 16D platz; kurz danach fliegen wir meiner Heimat entgegen ...